heute in Bremen: „Kargheit in Farbe und Form“
Kunst-Kurzführung Katja Pourshirazi präsentiert ihr „Bild des Monats“ im Overbeck-Museum
39, ist Bremer Literaturwissenschaftlerin, hat auch Kulturmarketing studiert und leitet seit 2011 das Overbeck-Museum.
taz: Frau Pourshirazi, ist Ihr „Bild des Monats“ des Malerehepaares Overbeck ein erfolgreicher Marketinggag?
Katja Pourshirazi: Ja, anfangs, also vor anderthalb Jahren, kamen zu den 30-minütigen Führungen nur so zehn Leute, inzwischen kommen viele Besucher regelmäßig. Als es über 60 pro Veranstaltung wurden und viele das Bild gar nicht mehr sehen konnten, entschieden wir, die Führung zweimal im Monat anzubieten.
Wie bemerkt der normale Museumsbesucher das Bild des Monats?
Es ist mit Extra-Infotafeln versehen. Gern vergleichen wir die Darstellung eines Ortes: Wie hat Overbeck ihn gemalt, wie sieht es heute dort aus.
Wer sucht die Bilder aus?
Eine Kollegin und ich. Bisher wählten wir aus der Worpsweder Malerei der Overbecks, in 2017 präsentieren wir Bilder mit Bremen-Norder Motiven, die wir erstmals auch als Kalender herausbringen.
Was ist das wichtigste Auswahlkriterium?
Wenn mich ein Bild dazu inspiriert, ausführlichst Hintergrundinfos recherchieren zu wollen. Dazu hätte ich sonst keine Zeit, aber fürs Bild des Monats nehme ich mir die.
Wie viele Bilder haben Sie zur Auswahl?
In unserem Depot lagern 600 Ölgemälde, 1.000 Zeichnungen und 100 Aquarelle.
Zeigen Sie abwechselnd Werke von Fritz und Hermine Overbeck?
Ja, das reizt zum Vergleich. Beide sind ja strenge Landschaftsmaler, zeigen Natur, keine Menschen, wobei Hermine hellere, leuchtendere Farben nutzt, kleinformatiger malt und ungewöhnlichere Bildausschnitte wählt als Fritz.
Was ist das Bild des Monats Juli?
Die Ölstudie „Torfstich“.
Warum?
Dort löst Fritz Overbeck um 1900 die Landschaft in abstrakte Elemente auf, erhebt zudem Kargheit in Farbe und Form zum künstlerischen Prinzip. Das zeigt seine Modernität. Er verweigert so die einladende Worpsweder Idyllenmalerei und zeigt schonungslos, wie das Teufelsmoor ausgebeutet wird.
Torf war als Brennstoff für die Industrialisierung nachgefragt.
Ja und in all ihrer Brutalität sind auf dem Bild auch die Auswirkungen des Raubbaus an der Natur deutlich. Von der ursprünglichen Vegetation ist nichts mehr zu sehen. Grau- und Brauntöne sorgen für eine trostlose Stimmung. Interview: FIS
Kurzführung „Bild des Monats“: 17 Uhr, Overbeck-Museum im Alten Packhaus Vegesack
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