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heute in Bremen„Vorstufe zur Vernichtung“

VERNISSAGE Vortrag zur Eröffnung der Ausstellung von Ideen für ein „Arisierungs“-Mahnmal

Marcus Meyer

41, Historiker, Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Bildung. Er war Jury-Mitglied des Ideen-Wettbewerbs.

taz: Herr Meyer, in der Bremischen Bürgerschaft werden ab heute Ideen für ein „Arisierungs“-Mahnmal ausgestellt, die im Rahmen eines Wettbewerbs entstanden sind, den die taz ausgelobt hat. Aber wer wäre es eigentlich, der mit einem solchen Mahnmal erinnern würde?

Marcus Meyer: In diesem Fall erinnern zunächst einmal die Nachfahren der Täter an deren Tat. Wenn ein Mahnmal gut ist, bietet es aber mehrere Möglichkeiten zum Nachdenken – nicht nur über die Vergangenheit, sondern auch über deren Bedeutung für gegenwärtiges Handeln. Auch über den Begriff der „Arisierung“ kann man anlässlich dieser Debatte noch mal nachdenken…

Inwiefern?

Eigentlich ist es Nazi-Sprache, ein Begriff aus der NS-Bürokratie, der verschleiert, dass es ein staatlich legitimierter Raub mit rassistischen Motiven war. Und in vielen Fällen: Raubmord. Es war die Vorstufe zur physischen Vernichtung – auf dem rassenideologischen Weg zu einem homogenen „Volkskörper“: Erst wurden die Jüdinnen und Juden aus dem öffentlichen Leben gedrängt, es wurde ihnen etwa die Mitgliedschaft in Berufsverbänden verboten. Dann nahm man ihnen die Möglichkeit, ökonomisch zu existieren. Dann wurden sie deportiert und ihr geraubtes Eigentum den „Volksgenossen“ zum Kauf angeboten.

Auf welchem Weg entstehen Mahnmale in Deutschland?

Gerade wenn es um die negative Erinnerung geht, bei der ein Land sich nicht an seine großen Taten erinnert, sondern an seine Verbrechen, ist das in der Nachkriegszeit zunächst ein Prozess gewesen, der – etwa im Fall der Konzentrationslager – von Überlebenden angestoßen wurde. Es gibt anfangs keine staatliche Agenda der Erinnerung. Inzwischen kann man an den KZ-Gedenkstätten oder dem Holocaust-Mahnmal sehen, dass es zur Staatsraison geworden ist, an die Opfer zu erinnern. Ein Prozess, der nach 1989 mit der Diskussion über das Verhältnis der Erinnerung an die DDR und an den Nationalsozialismus zusammenfällt.

Was geht bei dieser „Erinnerung von oben“ verloren?

Volkhard Knigge, Leiter der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, hat mal gesagt: „Wir haben uns zu Tode gesiegt.“ Was er unter anderem meinte: Staatliches Gedenken ist eine große Errungenschaft und bringt finanziell gesicherte Rahmenbedingungen mit sich, geht aber auch mit Problemen einher. Es ist eben nicht mehr nur bürgerschaftliches Engagement, sondern auch mit politischen Interessen verbunden.

Etwa, indem das vereinte Deutschland nach 1989 mit Verweis auf die „erfolgreiche“ Vergangenheitsbewältigung wieder Kriege führen konnte?

So einfach und pauschal kann man das meines Erachtens nicht sagen, weil das Erinnern an den Nationalsozialismus nicht etabliert wurde, damit die BRD außenpolitisch wieder militärisch aktiv werden kann. Und auch unter den Repräsentanten einer staatlichen Erinnerungskultur gibt es viele kritische Geister, die sich gegen eine solche Form der Vereinnahmung wehren würden und gewehrt haben.

Interview: jpb

Eröffnung der Ausstellung „Spuren der Beraubung – Ideen für ein Bremer ‚Arisierungs‘-Mahnmal“: 18 Uhr, Festsaal der Bremischen Bürgerschaft

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