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hausiererbesuche von EUGEN EGNER

Der ehrlichste Hausierer, dem ich je die Tür geöffnet habe, war ein von keiner Firma oder Sekte geschickter Vertreter der eigenen Grundbedürfnisse. Wie ein Kind weinend, mit einem langen, dem Gesetz der Schwerkraft gehorchenden Rotzfaden unter der Nase berichtete mir dieser Mann mittleren Alters, seine Frau habe ihn verlassen und nun müsse er verhungern. Ich reichte ihm fünf Mark mit der Auflage, dafür sei aber ausschließlich feste Nahrung zu kaufen und kein Schnaps. Da gab er mir schuldbewusst das Geld zurück. So viel Noblesse noch nach Aufgabe der Selbstachtung!

Manchmal treten Hausierer gleich paar- oder hordenweise auf, zum Beispiel Mormonen oder fliegende Dachdecker, die einem für viel Geld die Dachpfannen lackieren wollen. Jüngst standen zwei Männer vor der Tür, der eine trug einen Staubsauger, der andere eine Aktentasche. Entschlossen, die Sache mit Humor zu nehmen, sagte ich: „Danke, ich habe schon Staub gesaugt.“ Auf den matten Scherz überhaupt nicht eingehend, rief der Man mit der Aktentasche flammendes Auges: „Bereuen Sie! Kehren Sie um!“

Das fand ich übertrieben und erklärte, mein alter Staubsauger sei zwar kein Markenzeugnis, gefalle mir auch nicht sonderlich, aber mir reiche er vollkommen, und ich sähe keinen Grund, zu einem anderen Fabrikat zu wechseln.

„Die Katastrophe steht unmittelbar bevor!“, wurde mir entgegnet. „Nun ja“, meinte ich, „vielleicht gibt das Ding wirklich bald den Geist auf, aber so schlimm ist das dann auch wieder nicht. Einen neuen bekomme ich schon für knapp zweihundert Mark.“ Der Träger der Aktentasche blieb unerschütterlich: „Wissen Sie, dass nur eine begrenzte Anzahl Menschen der Auferstehung des Fleisches teilhaftig werden wird?“

Du lieber Gott, dachte ich, die Vertreter sind heutzutage psychologisch geschult! Dem Staubsaugerkauf wird religiöse Bedeutung zugemessen! Ich wagte die Frage: „Könnte ich dazugehören, wenn ich Ihren Artikel kaufe?“ Da mischte sich der bisher schweigsame Staubsaugerträger lächelnd ein und erklärte, es liege wohl ein Missverständnis vor. Der Staubsauger sei irreführend und habe nichts zu bedeuten. Allerdings sei das nicht immer so gewesen, noch an diesem Morgen sei er wie jeden Tag seit vielen Jahren mit dem Gerät losgezogen, um Kunden anzusaugen. Rein zufällig habe er aber zur gleichen Zeit wie der Herr mit der Aktentasche ein und dieselbe Haustür erreicht und ihm aus berufsbedingter Höflichkeit den Vortritt gelassen, so dass er den, wie er sich ausdrückte, „heiligen Mann“ bei der Ausübung seines Missionswerks erleben konnte. Während sich die Person, welcher der Bekehrungsversuch galt, als indolent erwiesen habe, sei er, der Staubsaugervertreter, ein anderer Mensch geworden. Sein gesamtes bisheriges Leben, auch seine Profession, sei mit einem Schlag von ihm abgefallen. Seither folge er in tiefer Devotion seinem neuen Meister und trage ihm den Staubsauger nach Hause. Vor der Katastrophe wolle er da noch einmal gründlich sauber machen.

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