gütesiegel für schulen: Die ewigen Diagnostiker
Nie war so viel Interesse an Lernen, Schule und Bildung wie heute. Die Leute fiebern bei Günther Jauchs Millionärsfragen mit. Und kriegen feuchte Hände, wenn ihnen eine der Pisa-Fragen vorgelegt wird, an denen deutsche 15-Jährige scheiterten. Selbst die Kultusbürokratie, traditionell die unbeweglichste Beamtenschaft, heckt täglich einen neuen Bildungsvorschlag aus: Gestern war ein Gütesiegel an der Reihe, mit die Qualität von Schulen gemessen und ausgezeichnet werden soll.
Kommentar von CHRISTIAN FÜLLER
Die Paradedisziplin der Berliner Bildungsbeamten ist derzeit Wiegen und Messen. Nach Pisa und Timss, den beiden internationalen Tests, stecken nun auch deutsche Schulräte ihren Zöglingen jeden Tag ein neues Bildungsthermometer in den Po. Auch Schulsenator Klaus Böger, der sie in den seligen Zeiten seiner politischen Bildungsarbeit nicht kannte, ist ganz entzückt über die vielen Instrumente der Diagnose und Evaluation, die es heutzutage gibt. Gehirnstandsmeldungen kommen bald öfter als Quartalsberichte börsennotierter Unternehmen.
Böger hat Recht. Wir brauchen eine Testkultur. Aber er liegt falsch, wenn er glaubt, dass allein das Wissen um die Schwächen von Unterricht und Schulen selbige schon besser machte. Auch das Gütesiegel kann nicht mehr als messen.
Es ist gut, den Wissenspegel in den Köpfen zu kennen. Nur müssen wir ihn dann auch anheben wollen und die Schulen wirklich verändern. Auf diesem Gebiet geschieht leider beinahe nichts. Der Schulsenator – ein Diagnostiker, der keine Therapie kennt. Dabei wissen wir nach Pisa, woran es hapert: Bessere Kindergärten, qualifiziertere ErzieherInnen, weniger Auslese und eine höhere Unterrichtsqualität. Böger kann das Fieberthermometer gern einen Moment beiseite legen – und entschlossen zum Wadenwickel greifen.
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