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Archiv-Artikel

gottschalk sagt Urlaubsabenteuer auf Borkum

Sommerferien in NRW! Und ich fahre tatsächlich mal wieder richtig weg. Drei Wochen am Stück. Ich das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht, ich weiß schon gar nicht mehr, wie das geht. Ich glaube, es beginnt damit, dass die Frau sagt: „Nee, hier links“ und dann der Mann sagt: „Scheiße, da komme ich jetzt nicht rüber, wie soll ich denn jetzt da rüber kommen, Du musst mir auch rechtzeitig Bescheid sagen“, und beide haben kurz nach dem Kamener Kreuz erst mal die Schnauze voll. Vielleicht ist das aber auch ein Klischee, und in Wirklichkeit fährt die Frau, das Navigationssystem sagt: „Jetzt 294 Kilometer der Nase nach“, er hat leckere Bütterchen geschmiert, Eistee zubereitet und eine tolle Sommerautofahrkassette aufgenommen, wo „Like a Hurricane“ von Neil Young drauf ist, was sie an ihren ersten gemeinsamen Urlaub mit dem R4 erinnert.

Viele Leute machen auch Pauschalreisen. Pauschalreisen haben den Vorteil, dass man im Hotel einen Begrüßungscocktail bekommt, während ein Reiseleiter versucht, einem Ausflüge zu Tropfsteinhöhlen, traditionellen Glasbläserwerkstätten und Schnapsbrennereien schmackhaft zu machen. Außerdem erklärt er, wo es günstige Sachen aus Leder zu kaufen gibt, die man aber auf jeden Fall herunterhandeln muss. Der Cocktail ist im Preis inbegriffen. Jedenfalls war das so, als ich noch mit meinen Eltern nach Rumänien geflogen bin. Damals gab es die D-Mark, die man dem Kellner in einer Stoffserviette versteckt zukommen ließ. Zurück kamen dann, ebenfalls in einer Serviette versteckt, sehr günstig getauschte Lei. Ich weiß nicht, ob dieser Trick heute noch funktioniert, oder ob die gefürchtete Securitate (man sagt stets „gefürchtete“ Securitate, das ist so wie „feiger“ Anschlag oder „schöne“ Tasse Bohnenkaffee) den rumänischen Kellnern irgendwann auf die Spur gekommen ist. Mein Vater wurde jedenfalls nie erwischt. Vielleicht steckt doch ein Geheimagent in ihm.

Manche Leute suchen im Urlaub ja das Abenteuer. Ich bin da eher vorsichtig. Ich würde zum Beispiel nie eine Rafting-Tour in einem Land machen, in dem die Religion eine Wiedergeburt vorsieht. Ich frage mich, ob man in Gebiete Reisen sollte, in denen man eindeutig nicht das Ende der Nahrungskette darstellt. Meine Urlaubsabenteuer ergeben sich meistens von selbst: Mal verlaufe ich mich total, mal habe ich keine Ahnung mehr, wo ich bin, und ab und zu verliere ich auch die Orientierung. Das kann schon recht aufregend sein – wenn es nicht gerade auf Borkum passiert.

Fotohinweis:CHRISTIAN GOTTSCHALK lebt in Köln und sagt die Wahrheit – alle zwei Wochen in der taz nrw