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gelöbnis-prozessKanonen auf Spatzen

Die staatstragenden Elemente der Republik haben es schwer. Die Bundeswehr muss in den Krieg ziehen, um die Freiheit unterdrückter Völker auf dem Balkan zu schützen. Marschieren ihre Soldaten aber mal öffentlich auf deutschem Boden auf, ernten sie nur Hohn und Spott. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen dann Bundeswehrgegner jagen. Kommen die aber endlich vor den Kadi, sieht das Gericht nur groben Unfug – und lässt die Störer laufen.

Kommentar von GEREON ASMUTH

Irgendwie kann man sie ja verstehen. Die Nacktshow im Bendlerblock war sicherlich die für sie schmerzhafteste Protestaktion der vergangenen Jahre – zumal in einer bilderbeherrschten Medienwelt. Und der gemeine Antimilitarist konnte eine klammheimliche Freude nicht verhehlen ob der Blöße, die der Soldateska dort gegeben wurde.

Aber mussten die Soldaten und ihre Freunde deshalb gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen? Hausfriedensbruch, beklagte die Bundeswehr. Urkundenfälschung, vermutete die Staatsanwaltschaft und ließ gleich mehrere Wohnungen und Büros durchsuchen. Und die CDU forderte flugs eine schützende Bannmeile um alles, was beim Volk in die Kritik geraten könnte.

Nun endete der Konflikt vor Gericht wie das Hornberger Schießen. Kaum mehr als Pulverdampf. Zumindest diese Blöße hätten sich Bürger in Uniform leicht ersparen können – mit etwas mehr Gelassenheit gegenüber der Kritik nichtuniformierter Mitbürger. Dass die strammen Jungs sich aber schon von ein paar nackten Tatsachen dermaßen verschrecken lassen, zeigt, wie wenig sie in der modernen Gesellschaft angekommen sind.

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