geht’s noch?: Ein Sandwich zu viel
Wie viel Geld Google an den Steuerbehörden vorbeischummelt, zeigen neue Zahlen aus den Niederlanden. Das Problem: Der Konzern handelt legal. Politische Pläne dagegen liegen auf Eis
Klingt „irisch-niederländisches Doppeldecker-Sandwich“ lecker? Internationale Anwälte lecken sich auf jeden Fall die Finger nach dieser Delikatesse der Steuervermeidung. Gemeint ist damit ein Konstrukt aus zwei irischen und einer niederländischen Tochterfirma des Internetkonzerns Google, die auf wundersame Weise kaum Abgaben zahlen müssen. Es geht dabei vor allem um den Verdienst aus geistigem Eigentum wie Patenten oder Filmen.
Seit Neuestem wissen wir eine Hausnummer, in welchen Größenordnungen das ablaufen kann: Im vorvergangenen Jahr hat Google 20 Milliarden Euro durch das „Sandwich“ geschleust, ergeben Dokumente der Niederländischen Handelskammer. Die Remouladensoße obendrauf war eine Tochter auf den Bermudas, bei der die Summe landete – völlig legal, versichert der Konzern. Das stimmt. Anwälte richten das bewährte Sandwich-Konstrukt routinemäßig ein.
Eine „rechtssichere und steueroptimierte Entwicklung und Verwertung von geistigem Eigentum“ verspricht etwa eine Londoner Kanzlei in ihrer Werbung. Erstberatung nur 200 Pfund. Für den Sitz der Holding, die am Ende (nicht) besteuert wird, gibt es konkrete Tipps: „Auf jeden Fall ist ein Nullsteuerland sinnvoll.“
Die Sache ist ein fortlaufender Skandal. Finanzminister Wolfgang Schäuble, ein Haudegen aus der Finanzverwaltung, hat geradezu mit Wut gegen solche Konstrukte gekämpft. Gegen Ende seiner Amtszeit hat er noch einen Plan mit zehn Punkten für das Austrocknen von Steueroasen vorgelegt. Er forderte unter anderem ein internationales Firmenregister, aus dem alle Kreuz- und Querbeteiligungen ersichtlich sind. Er ist auch tatkräftig nach Singapur geflogen, um an das Gewissen der dortigen Regierung zu appellieren.
Sein Nachfolger Olaf Scholz spricht sich zwar ebenfalls eifrig für „abgestimmte Mechanismen“ aus und unterstützt einen entsprechenden Prozess bei der internationalen Organisation OECD. Bei der ganzen Gremienarbeit wird allerdings nichts herauskommen – was schert sich Bermuda schon um irgendwelches Gerede? Scholz hat dagegen das grandios versäumt, was in seinem Bereich ein starkes Signal hätte setzen können: die Unterstützung der geplanten EU-Digitalsteuer, die ein Unternehmen wie Google da belastet, wo nationale Regierungen es noch greifen können. Frankreich hat diese Steuer bereits eingeführt. Scholz kann von Ex-Banker Macron offenbar noch etwas über sozialdemokratische Politik lernen. Finn Mayer-Kuckuk
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