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gegangenEin Sozi von Format

Er war die rote Eminenz der Hamburger SPD: Jan Ehlers, jahrzehntelang Wortführer des linken Parteiflügels, ist tot. Am 5. Juni starb der 80-Jährige, wie erst jetzt bekannt wurde, nach längerer schwerer Krankheit.

Der kräftige Blonde mit dem Vollbart, von 1974 bis 2004 Mitglied der Bürgerschaft und von 1978 bis 1988 Arbeits- und Sozialsenator, gehörte jahrzehntelang zum führenden Dreigestirn der Hanse-Sozis: Partei und Stadt wurden regiert nach dem Willen der mächtigen Kreisfürsten Henning Voscherau (Wandsbek), Eugen Wagner (Mitte) und, eben, Ehlers (Nord). Worauf die beiden vom rechten Flügel sich mit dem einen vom linken einigten, das hatte die Partei zu akzeptieren.

Wie sehr die 44 Jahre regierende Sozialdemonarchie die Stadt als ihr Eigentum ansah, das bewies gerade Ehlers: Der SPD-Bezirk Nord sowie die Arbeits- und Sozialbehörde waren Hochburg des „roten Filzes“. In der Behördenkantine, wurde gewitzelt, könne man mittags locker eine SPD-Kreisdelegiertenversammlung abhalten, das Haus mit mehr als 3.400 MitarbeiterInnen wurde unter Ehlers’Regentschaft zum Erbhof des linken Flügels. Zu seinen AmtsnachfolgerInnen zählten die Nordlinken Ortwin Runde, Helgrit Fischer-Menzel und Detlef Scheele.

Als Linker galt Ehlers, weil er schon früh die Atomkraft ablehnte, im Konflikt um die Hafenstraße Ende der 1980er-Jahre mäßigend auf die Hardliner einwirkte und auch noch die geschlossenen Heime für jugendliche Straftäter abschaffte. Nach dem Wahlsieg von CDU und Schill-Partei 2001 gab der rechte SPD-Flügel ihm dann auch die Schuld an der Niederlage.

2004 ging Ehlers in den politischen Ruhestand, ließ sich aber 2011 überreden, im Wahlkreis Barmbek-Uhlenhorst auf dem letzten Platz der SPD-Liste zu kandidieren. Und wurde prompt gewählt. Als Alterspräsident eröffnete er die erste Parlamentssitzung – und legte anschließend sein Mandat nieder.

Filz hin oder her: Der rote Jan war ein Sozialdemokrat von Format. Sven-Michael Veit

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