flughafen tempelhof: Ganz viel Platz für Drachenflieger
Im Internet sammelt der Senat Ideen für das Areal des Flughafens Tempelhof. Vom Uni-Campus bis zur autofreien Siedlung ist alles dabei. Für die Flughafenfreunde ist das nur Volksverdummung.
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Markus Heller von der Arbeitsgemeinschaft "Autofrei Wohnen" weiß, was Berlin braucht: "Endlich auch ein ökologisches Stadtviertel, das beispielhaft aufzeigt, wie eine tatsächlich nachhaltige, das heißt zukunftsfähige Stadtentwicklung aussehen sollte", schreibt er auf der Webseite des Senats für Stadtentwicklung. Wenn in einem Jahr in Tempelhof keine Flugzeuge mehr starten und landen, sollte auf dem Gelände seiner Meinung nach ein autofreies Stadtviertel entstehen. Nur Krankenwagen, die Müllabfuhr und Umzugswagen sollen hereindürfen.
Seit der Senat Anfang des Jahres endgültig beschlossen hat, den Flughafen Tempelhof im Oktober 2008 zu schließen, rätselt alle Welt, was man mit dem Gelände anfangen kann, das 530 Fußballfelder riesig ist und damit sogar noch ein Stückchen größer als der Central Park in New York. Auf der Webseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung konnten die BürgerInnen jetzt einen Monat lang Vorschläge machen und diskutieren (www.berlin.de/flughafen-tempelhof/). Am heutigen Freitag endet diese Ideenbörse.
So schlägt "BMeier" einen Uni-Campus vor, der die "Bildungsbrücke zur Welt" werden könne. Die Größe des Flughafengebäudes biete idealen Raum für eine private Hochschule mit mehreren Fakultäten wie Geisteswissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Neue Medien, Wirtschaft. Für die Professoren könnten Stadtvillen neben dem Campus entstehen: "Berlin ist Universitätsstadt, ein Schwerpunkt der Entwicklung ist Bildung und Forschung, deshalb passt diese Idee in die aktuelle politische Landschaft. Das Konzept bringt finanzkräftige Studenten aus aller Welt nach Berlin."
Dagegen wünscht sich Christoph Arens einen "Park des geeinten Europas", in dem das geplante Denkmal für die deutsche Wiedervereinigung entstehen könnte. Ausstellungsstücke in den einzelnen Abschnitten des Parks würden die verschiedenen Epochen der deutschen und europäischen Geschichte darstellen. Das Flughafengebäude soll zu einem Museum für deutsche und europäische Geschichte mit Bibliothek und Forschungsstätte umgestaltet werden. "Für dieses Konzept können sicherlich viele Sponsoren sowie die EU gewonnen werden", glaubt Arens.
Am heftigsten diskutiert wird allerdings der Vorschlag, alles so zu belassen, wie es ist: "Selbstverständlich soll der Flughafen das bleiben, wofür er vor über 80 Jahren gedacht war: ein Flughafen", schreibt ein gewisser "Müller". Die Fluglärmgegner sind für ihn Nörgler: "Die Leute, die sich über den Flughafen beschweren, beschweren sich auch über die Fliege an der Wand oder spielende Kinder vor der Tür." Wer nach Tempelhof gezogen sei, habe ja schließlich gewusst, dass dort der Flughafen ist.
Der Senat schließt diese Idee jedoch von vornherein aus. Gegenüber der taz bekräftigt Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), Tempelhof werde auf jeden Fall geschlossen, um dem neuen Großflughafen Schönefeld keine Konkurrenz zu machen (siehe unten). Auf ihrer Internet-Seite erntet die Senatorin für diese Haltung Kritik: "Hier kann der Bürger gar nichts entscheiden, denn der Senat würde ohnehin machen, was er will. Dies hier ist eine listige Idee, um die Dummen noch mehr zu verblöden", schreibt Flughafenfreund "Müller".
Auch Michael Steltzer ist dafür, dass auf dem Areal weiter geflogen wird - aber alles eine Dimension kleiner: Tempelhof solle zum Drachenfeld werden. Auch für Frisbee, Bumerangwerfen, Pfeil-und-Bogen-Sport sowie Federball bliebe dann noch genügend Platz. Das könnte auch überregional ausstrahlen, findet Steltzer: "Internationale Drachenfeste auf dem Tempelhofer Feld würde die Spitzenklasse des internationalen Drachensports an sich ziehen. Keine Stadt der Welt hätte so eine große Drachenwiese."
Auch über die Finanzierung der Kosten für den Umbau haben sich manche Gedanken gemacht. Benutzer "Knofo" schlägt vor, dafür auf das in den Dreißigerjahren gebaute Flughafengebäude zurückzugreifen: "Vielleicht gibt es auch noch ein paar wohlhabende Altnazis, die für einen der steinernen Adlerköpfe vor dem Hauptgebäude ein Vermögen hinlegen würden."
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