fdp und antisemitismus: Viel zu viel Lärm um einen Wahn
Nur dies vorweg: Das, was der Politiker Jarmal Karsli zum Thema Israel, Nahost und zum Jüdischen sagt, ist falsch, paranoid geprägt, trägt wahnhafte Züge und ist offenkundig antisemitisch grundiert. Aber: Zum vollends absurden Verlauf der Debatte hätten nur noch Mahnwachen gefehlt oder die Verpflichtung von Traumaberatern, die sich auf die Moderation der, nennen wir es hier mal so, deutschen Krankheit verstehen: jenes anfallartigen Schwadronierens an und für sich, das sich stets einstellt, wenn jemand eine Meinung verbreitet, die sich nicht dem antifaschistischen (oder proisraelischen) Konsens zurechnen lässt. Es ist aber schon so viel passiert: Da sorgt sich die gesamte liberale Welt um eine Partei, die erkennbar um ein populistisches Profil ringt – und in dem ermordeten Pim Fortuyn ihr Idol erkennen kann. Hauptsache, das Thema regt auf – und zwar möglichst viele Milieus.
Kommentar von JAN FEDDERSEN
Was wäre so schlimm daran, wenn in der FDP Politiker wie Jarmal Karsli eine Herberge finden – selbst wenn sie in Weltbildern vermeintlich zionistischer Weltverschwörung denken? Was soll gefährlich sein, wenn es dieser Partei gelänge, einen für ihre Verhältnisse überdurchschnittlichen Zuspruch zu erhalten? Selbst wenn es dann 18 Prozent wären – so blieben immer noch, wenn man Voten für rechtsradikale Parteien abzöge, drei Viertel aller Wähler übrig, die diese FDP nicht gewählt haben.
Der beste Weg für Menschen, die sich auf ihren fehlenden Antisemitismus so viel zugute halten, diese Partei zu kritisieren, wäre einfach: sie einfach nicht zu wählen. Oder mit ihr nicht zu koalieren. Was aber in Wirklichkeit hinter der Anti-Möllemann-Kampagne steckt, ist die alte Angst gerade von Nachkriegsdemokraten („Wehret den Anfängen“), dass da einer ausspricht, was womöglich der majoritären Mentalität ganz behaglich ist. Aber erstens ist dies unbewiesen, doch zweitens, wichtiger noch, wäre, dass diese Haltung sich artikulieren kann – ohne gleich geächtet zu werden. Dann wäre wirklich ein Kampf um Weltbilder zu führen. Auf pädagogisch-drakonische Weise ist da nichts zu holen: So erst wurden die Haiders und Fortuyns groß gemacht.
Bleibt noch zu bemerken, dass einer wie Jarmal Karsli einst Heimat bei den Grünen fand – dort, wo heute noch viele Politiker sitzen, die einst noch schärfere Sachen gegen Israel gesagt haben. Ausgrenzung kann keine kluge Methode sein. Die FDP hätte man sich selbst erledigen lassen sollen. Es bleibt ein Nachgeschmack einer moralischen Nötigung.
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