fahndungsplakat: Nicht einmal mehr Symbolik
Dass Politik in Zeiten kursierender Sparlisten ein vor allem symbolisches Geschäft ist, ist eigentlich eine Binsenweisheit, allerdings eine, die bislang fleißig befolgt wird. Rot-Grün hat das auf Bundesebene mit dem Zuwanderungsgesetz und den eingetragenen Partnerschaften getan, und in Berlin sah es lange danach aus, als würde das Thema Zivilgesellschaft endlich auch die Innenpolitik erreichen. Die Deeskalationsstrategie des Innensenators war dafür ebenso Hinweis wie die Ankündigung des neuen Polizeipräsidenten, Verfehlungen seiner Beamten künftig konsequent zu ahnden.
Kommentar von UWE RADA
Mit der morgen startenden Fahndungsaktion dürfen freilich Zweifel angemeldet werden. Wer nach Steinewerfern fahndet wie nach Terroristen, demonstriert keinen Wechsel, sondern Kontinuität. Keine neue Kultur vertreten Innensenator Ehrhardt Körting und Polizeipräsident Dieter Glietsch, sondern die Fortsetzung der repressiven Unkultur ihrer Vorgänger Werthebach und Saberschinsky – und dies noch nicht einmal in aufgeheizten Wahlkampfzeiten.
Da nützt es auch wenig, wenn die mit dem Rücken zur Wand stehende PDS nicht den Innensenator in die Verantwortung ziehen will, sondern allein den Polizeipräsidenten. Dümmer geht es nimmer – oder war es plötzlich nicht mehr auch die PDS, die mit der Inthronisierung Glietschs ein politisches Symbol setzen wollte?
Mag sein, das Thema 1. Mai und Fahndungsplakate hat in der Koalition keine große Rolle gespielt, weil andere Themen scheinbar wichtiger sind. Aber dann bräuchte man sich auch nicht mehr darüber zu beschweren, wenn man nur noch mit Sparlisten in Verbindung gebracht wird und nicht einmal mehr mit symbolischen Veränderungen.
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