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europa rückt nach rechtsWer polarisiert, gewinnt

Es gab einmal Zeiten, in denen EU-Gipfel gleichsam Betriebsausflüge der europäischen Sozialisten waren. Noch 1999 schwärmte die gemäßigte Linke des Kontinents pünktlich zum Ende des „sozialdemokratischen Jahrhunderts“ von ihrem neuen Frühlingserwachen. Fast die gesamte EU war, wenn nicht in Rot, so doch in blasses Rosa getaucht: Sozialisten an 13 der 15 Regierungen der Union beteiligt, gleich alle vier großen Mitgliedsstaaten, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien, mit Premiers aus der Sozialistischen Internationale – wann hatte es das vorher gegeben?

Kommentarvon MICHAEL BRAUN

Doch der Sieg der Rechten in Portugal zeigt, wie vorschnell es ist, eine bloße Episode zur Epoche zu deklarieren. Portugal ist nach Österreich, Italien und Dänemark der nun schon vierte Staat in kurzer Folge, in dem Konservative die Macht erobern. Und die Gewinner träumen schon von Frankreich und von Stoiber-Deutschland, um die rechte Rolle rückwärts zu komplettieren.

Oder erleben wir da eine Rolle vorwärts, in ganz neue Zeiten? Jedenfalls fällt auf, dass die siegreichen konservativen Bündnisse überall Parteien einbegreifen, die vor ein paar Jahren noch schlicht als unpräsentabel galten: in Österreich die Haider-Truppe, in Dänemark die rüden Fremdenfeinde von der Fortschrittspartei, in Portugal die ultrarechte CDS-PP – und in Italien gleich die ganze Populistenkoalition von Berlusconis Forza Italia über die Lega Nord zu den Exfaschisten. Gemäßigt konservative Kräfte und wachsende Teile der Wählerschaft, die sich freudig erregt den populistischen Vaterlandserrettern von Haider bis Schill in die Arme werfen – droht Europa die flotte Berlusconisierung, der unaufhaltsame Abmarsch nach rechts?

Gerade Italien allerdings liefert für diese These keinen zwingenden Beleg. Berlusconi gewann 2001 nur, weil er die Rechte einte und seine Gegner sich zerstritten. Italiens Linke wollte vor lauter Siegeswillen vor allem eins nicht mehr sein: links. Wahlen, meinten sie mit Blick auf England, würden heute in der Mitte gewonnen. Derweil siegt die Kombination aus Rechten und Rechtsaußen-Kleinparteien in Portugal wie in ganz Europa, indem sie Berlusconi-mäßig drauflospolarisieren.

Die neue Mitte hat bisher nur Tony Blair im Amt bestätigt. Um solche Wähler scheren sich die Rechts-rechts-Bündnisse nicht – und siegen. Um sich neue sozialistische Betriebsausflüge zu EU-Gipfeln vorzunehmen, gehört auch die Polarisierung von links wieder ins politische Repertoire.

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