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ejectRALF SOTSCHECK über irisches Schubsen in die Einheitswährung

Nicht ja, nicht nein, die „Sun“ allein

Es kommt auf den Standort an. Die Boulevardzeitung The Sun hält den Euro für ein Teufelswerkzeug. Jedenfalls in ihrer britischen Ausgabe. In Irland hingegen begrüßt sie die neue Währung aufs schärfste. Wer zum Jahreswechsel zwischen Irland und England reiste und bei Abreise und Ankunft einen Blick auf den Zeitungskiosk warf, machte wohl den Restalkohol für die Wahrnehmungsstörung verantwortlich.

Auf den ersten Blick waren beide Ausgaben identisch: Unter einer spärlich bekleideten Blondine prangte die Überschrift: „Dawn of a new era“, der Anbruch einer neuen Ära. Auf der englischen Ausgabe war „era“ durch „error“ ersetzt. Beide Worte begannen mit dem Eurosymbol. Im englischen Kommentar hieß es: „Der Euro ist geboren. Gott sei Dank gehört Britannien nicht dazu.“ In Irland kommentiert das Blatt: „Irland erwacht in einem neuen Zeitalter, denn der Euro ist geboren.“

Den Engländern erklärte der kleinformatige Schmutzkübel, dass die Konsumenten in den Euroländern übers Ohr gehauen würden, den Iren schwärmte man von der großen Popularität der neuen Währung vor. Das Blatt, das mit seiner Comicsprache und Biertischmoral zehn Millionen Leser täglich unterhält, hat sein Mäntelchen freilich schon immer nach dem Wind gehängt.

In Schottland trat die Sun für die Teilunabhängigkeit ein. Die englische Ausgabe strotzt dagegen vor Nationalchauvinismus. In Australien unterstützt Großverleger Rupert Murdoch mit seinen Publikationen die Labour Party. In Britannien war er früher Anhänger des Thatcherismus und setzte sein Medienimperium zielgerichtet gegen Labour Party, Gewerkschaften, Ausländer und soziale Randgruppen ein. Erst ganz zum Schluss verließ die Sun das sinkende Schiff: Vor den Wahlen 1997 rief man dazu auf, den Tory-Premierminister John Major in die Wüste zu schicken. „Das Volk braucht einen Führer mit Mut und einer Vision“, hieß es. „Die Sun glaubt, dass dieser Mann Tony Blair ist.“

Fünf Jahre zuvor hatte die Sun noch am Wahltag eine Großoffensive gegen den damaligen Labour-Chef Neil Kinnock gestartet, der dann überraschend verlor. „Es war die Sun, die das geschafft hat“, prahlte das Blatt und hatte so Unrecht nicht: Ein Fünftel der Wahlberechtigten und ein Drittel der Unentschlossenen lesen die Sun. Murdoch entscheidet persönlich über die politische Richtung seines Imperiums.

Die Sun hielt Blair auch im vorigen Jahr die Stange: „Tatsache ist, dass die Menschen Blair mögen und ihm vertrauen. Die Dinge können nur noch besser werden, Tony. Wir werden wahrscheinlich Zeugen eines Tiefpunkts für die Tory-Partei – einer zweiten Demütigung.“

Aber das Blatt warnte: „Blair darf nicht denken, dass er Britannien in die Einheitswährung schubsen kann. Unsere Umfrage zeigt, dass 70 Prozent der Wähler dagegen sind.“ Aber nicht in Irland. Dort ist die Giftspritze folgerichtig für die Einheitswährung. Hauptsache, die Kasse stimmt – ob in Pfund Sterling oder Euro, spielt keine Rolle.

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