piwik no script img

ejectFRANK KETTERER über Fußball, Kirch und viiiieel Geld

Pustekuchen macht nicht satt

Fehlt nur noch, dass irgendwo Politwichtelmännchen Norbert Blüm aus der Versenkung auftaucht und seinen berühmtesten Satz rezitiert: „Die Renten waren sicher, sind sicher und werden immer sicher bleiben.“ Wobei: Blüm ist schon auferstanden, wohnt jetzt in Bayern, heißt Stoiber und will demnächst Kanzler werden. Die Zeiten haben sich eben geändert, und aus dem Satz des Blüm ist dabei der Satz des Stoiber geworden – der da lautet: „Die Fernsehgelder waren sicher, sind sicher und werden immer sicher bleiben.“

Das kann man freilich anders sehen; Wolfgang Holzhäuser tut das zum Beispiel. Holzhäuser ist Manager des baldigen deutschen Fußballmeisters Bayer Leverkusen und findet es einen ziemlichen „Pustekuchen“, was der Kandidat da unlängst verzapft hat. Längst weiß es die Deutsche Fußball Liga (DFL), Interessensverband aller deutschen Erst- und Zweitligisten, nämlich besser: Gar nichts ist sicher, schon gar nicht die Gelder, die Großbankrotteur Kirch dem Fußball noch schuldet. In Zahlen: 103 Millionen Euro stehen als letzte Rate für diese Saison noch aus, jämmerliche 24 Millionen konnte Kirch letzten Donnerstag zusammenkratzen. Fehlen nach Adam Riese und Eva Zwerg 79 weitere Millionen.

Für die Fußballklubs, zumindest für die meisten, bedeutet das: die Katastrophe. Zwar beschloss die DFL gestern, den Vereinen eine Finanzspritze von insgesamt 40 Millionen Euro zu gewähren, um die heute zu Ende gehende Saison auch wirtschaftlich über die Bühne bringen zu können. Zumindest den kleineren Klubs aber dürfte das schon jetzt schwer fallen. Wie es danach, also nächste Saison, weitergeht, steht gänzlich: am Firmament. Die Herren der DFL richten sich jedenfalls, Blüm hin, Stoiber her, prophylaktisch schon mal auf „schwierige Verhandlungen“ ein, de facto dürfte das bedeuten, dass die von Kirch vertraglich zugesicherten 360 Millionen mehr oder weniger ausbleiben, angeblich soll KirchMedia gerade mal 80 Millionen als Anzahlung geboten haben. Damit könnten die Klubs nie und nimmer leben, weshalb die Zeichen auch mehr denn je auf Trennung stehen.

Wenn Kirch nicht zahlen kann, kann die DFL mit neuen potenziellen Partnern verhandeln. Der Poker um die Bundesliga-Fernsehrechte träte dann in seine wohl entscheidende Runde. Zudem dürfte der Traum vom eigenen Bundesliga-Kanal im Bezahlfernsehen neue Nahrung erhalten. Nur mit Pustekuchen wird im Fußball nämlich niemand satt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen