eingelochtBernd Müllender : Von Geld im Golf und einer rassistischen Alleskönnerin
Golf und Geld, ein ewiges Thema. Viele glauben ja, der Schlägerschwingersport sei nur was für Reiche. An dieser Stelle mehrfach widersprochen und widerlegt. Indes kann man mit Golf sehr reich werden: Männerprofis verdienen Millionen an Prämien, bei den US Open am vergangenen Wochenende hat allein Sieger J.J. Spaun fast 5 Millionen Dollar eingestrichen. Man kann mit Golf sogar unanständig reich werden: wenn man sich für dreistellige Millionenbeträge von der saudischen LIV-Tour kaufen lässt.
Anders bei den Frauen. Deren Siegprämien sind, grob gerechnet, um drei Viertel niedriger; ein paar hunderttausend sind aber immer drin. Noch anderser war es bei den Frauen früher. Da war Golf, falls es an einem spendablen Göttergatten an der Seite mangelte, die einzige Chance, als Sportlerin überhaupt Geld zu verdienen, um als Allrounderin gleichzeitig in strengen Amateurdisziplinen in die Weltklasse aufzusteigen.
Bestes Beispiel ist Ella Didrikson aus Texas, geboren 1911. Bei den US-Leichtathletik-Meisterschaften 1932 trat sie innerhalb von drei Stunden in acht Disziplinen an und gewann sechsmal. Für Olympia im gleichen Jahr in Los Angeles hatte sie sich in allen fünf Einzeldisziplinen der Frauen qualifiziert. Ärgerlich für sie, dass die Statuten nur die Teilnahme bei dreien erlaubten. Sie gewann im Speerwurf, in Weltrekordzeit über 80 Meter Hürden und teilte sich mit Jean Shiley den Hochsprung-Sieg mit 1,66 Metern – bis eine Jury beschloss, Didrikson wegen ihrer Tauchrollen-Technik mit dem Kopf voran nur den 2. Platz zuzuweisen. Die beiden Frauen fanden die Männerwillkür blöde, ließen ihre Medaillen einschmelzen und hatten nun beide als Trophäe eine Silber-Gold-Legierung.
Funktionären war die leibesübende Alleskönnerin Didrikson unheimlich, die auch als Boxerin, Reiterin, im Fechten und Tennis überzeugte. Dann spielte diese Frau auch noch im Männer-Baseballteam der Brooklyn Dodgers, wo sie wegen ihrer Schlagkraft in Anlehnung an Legende Babe Ruth den Spitznamen Babe abbekam.
Seitdem hieß sie also Babe Didrikson. Sie war zudem im Basketball, Bowling, im Schießen und Eisschnelllauf am Start. Catchen fehlte. Ersatzweise nahm sie sich Proficatcher George zum Ehemann. Und dann war da noch dieses Golf, da gab es ab den frühen 30er Jahren Siegprämien. Also nix wie hin. Didrikson gewann dreimal die US Open.
Eine ähnliche Geschichte, wie man sich als Bewegungstalent in die lukrative Golfspitze trainiert, hat Althea Gibson aus South Carolina. Sie gewann in den 1950er Jahren als erste farbige Tennisspielerin mehrfach die French Open, die US Open und Wimbledon. Mit ihren Doppel-Titeln kam sie auf elf Grand-Slam-Siege. Preisgelder im Tennis gab es erst ab 1968. Auch hier Golf als Rettung. So verdiente Gibson als erste farbige Profigolferin erfolgreich auf der Ladies-Tour ihre Dollars. Ihr Motto: „Wenn ich etwas sehe und es mich anspricht, dann tue ich es.“ Kein leichtes Leben: Wegen der Rassendiskriminierung wurde sie gelegentlich aus Hotels verwiesen oder sie musste sich in ihrem Auto umziehen, weil sie Umkleidekabinen nicht betreten durfte.
Zurück zu Babe Didrikson: Sie gilt als vielseitigste Sportlerin der Geschichte gemeinsam mit der Britin Charlotte Dod. Diese hatte im späten 19. Jahrhundert mit 15 Jahren Wimbledon gewonnen (bis heute jüngste Siegerin), im Hockey-Nationalteam gespielt, 1908 Olympiasilber im Bogenschießen geholt und die British Ladies Amateur Golf Championship gewonnen. Weniger rühmlich: Bei einer Bahnfahrt des US-Nationalteams übergoss Dedrikson zwei farbige Teamkolleginnen mit Eiswasser, als Protest gegen die erstmalige Aufnahme farbiger Sportlerinnen in den Nationalkader.
Eine Rüge für Babe gab es nicht. Noch schlimmer: Die beiden Opfer wurden durch weiße Sportlerinnen ersetzt. Golfs Geld machte also reicher und verdarb womöglich schon in früheren Rassismuszeiten den Charakter.
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