ein jahr kosovo-krieg: Der Tag: Dienstag, 11. Mai 1999
ZENSUR IST EINE WAFFE
Pit Schnitzler, Belgrader Korrespondent des privaten deutschen TV-Senders Sat.1, saß drei Wochen in einem serbischen Gefängnis. Der 56-jährige Journalist war als angeblicher Spion verhaftet worden. Heute kommt er frei. Aber nicht nur westliche Medien kämpfen in Jugoslawien mit Repressionen. Der Belgrader Radiosender B92 ist das einflussreichste unabhängige Medium. Staatschef Slobodan Milošević versucht, diese Stimme der Opposition zu ersticken: Seit Kriegsbeginn gelten in Serbien spezielle Presseverordnungen, die B92 im Internet publik macht (www.freeb92.net/). Eine Auswahl:
– Journalisten müssen rund um die Uhr für die staatlichen Behörden erreichbar sein. Sind die Telefonleitungen wegen eines Bombardements unterbrochen, muss das jeweilige Medium einen Kurier bereitstellen.
– Operationen von jugoslawischer Armee und Polizei müssen stets als „Kampf zur Verteidigung des Landes“ dargestellt werden. Die Nato ist dagegen immer als „Aggressor“ zu betiteln und die UÇK als „Bande von Terroristen und Kriminellen“.
– Verluste des Feindes sollen mit Worten wie „neutralisiert“ und „liquidiert“ beschrieben werden. Auch Zensur im Voraus ist eine Waffe. har
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