druck🐾schluss:
Der ausgeschnittene Dix
Einmal hielt ich einen Zweig in der Hand. Einmal, und mir scheint wie vor Jahren und Jahren, rupfte ich und bloß der Ordnung halber, der geraden Linien, der ebenen Flächen wegen und sonst ohne Bedacht einen aus einer frisch gestutzten Ligusterhecke lose ragenden Zweig und behielt ihn in der Hand. Im Weitergehen mag ich dazu wohl mit ihm einen Takt geschlagen haben. Wieder beim Haus, in der Manteltasche nach dem Schlüssel kramend nun mir seiner bewusst werdend, legte ich ihn ab. Seitdem liegt er da, Teil der mir nächsten Landschaft. Und einmal schnitt ich aus der Zeitung eine Photographie, die Reproduktion eines Selbstportraits des jungen Otto Dix mit Wanderhut. Nicht gar so ungefähr wie das Auffinden des Ligusterzweigs lässt sich das des jungen Otto Dix datieren. Auf seiner Rückseite ist eine Tabelle abgedruckt, die Auskunft gibt über die Endspiele um den DFB-Pokal der Frauen für die Jahre 2010 bis 2017, wonach der junge Otto Dix mit dem Wanderhut zwischen den Maien 2017 und 2018 abgedruckt worden sein muss.
Auch hat er noch nicht seinen Platz gefunden, wandert durch die Räume, findet sich als Lesezeichen, taucht eingeklemmt hinter einem Spiegel auf, klaren und tiefste Verachtung spiegelnden Blicks, rein und unmittelbar, frei von jeder Beimischung, die sie womöglich mildern, schwächen könnte, also schön. Mag er wandern.
Richard Nöbel war bis 2014 Layouter der taz.
Druckschluss
Unter diesem Motto schreiben wir in Reportagen und einer Kolumne ab jetzt auf, was uns bis zum Ende der gedruckten Werktagstaz erinnernswert scheint. Viel Holz also noch bis zum 17. Oktober. Alle Zukunftsinfos unter taz.de/seitenwende.
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