doppelblind: Gen-Changer Fluss
Lange, sagte John Bates vom Chicagoer Field Museum dem Magazin Quanta, „dachten wir Biologen, dass Flüsse recht statisch sind. Als wir bemerkt haben, für wie dynamisch Geologen Flüsse halten, war das unheimlich anregend“. Eine Studie aus dem Fachmagazin Science, an der Bates nicht beteiligt war, liefert über diese Verbindung von Geologie und Biologie neue Erkenntnisse: Im Amazonas sorgen Flüsse für eine größere Vielfalt unter Vogelspezies – umso mehr, wenn sich ihr Lauf verändert.
Die Forscher*innen haben dafür die Genome von sechs Vogelspezies aus dem südlichen Amazonasgebiet sequenziert und anhand ihrer Mutationen mithilfe eines Modells nachvollzogen, wann sich die Spezies auseinanderentwickelt haben. Diesen Wandel haben sie dann mit geologischen Daten der relevanten Flüsse korreliert. Weil die untersuchten Vogelspezies zu klein sind, um über die Flüsse zu fliegen, trennen Flüsse Populationen voneinander, wenn sie ihren Lauf ändern, und begünstigen so die Diversifizierung der Arten.
Wenn sich erneut verändernde Flussläufe getrennte Populationen wieder zusammenführen, können wiederum neue Arten entstehen. Die Wissenschaftler*innen haben nicht nur herausgefunden, dass die Position moderner Flussläufe einen nennenswerten Effekt auf die Strukturierung genetischer Vielfalt haben, sondern dass die Veränderung im Genom mit der Veränderung der Flussläufe korrelierte. Daraus schließen sie, dass die Artenvielfalt im Amazonas auch deswegen so groß ist, weil Flüsse und andere Hindernisse sich häufig verändern.
Laut den Studienautor*innen weist das darauf hin, dass zwischen den Amazonas-Nebenflüssen Madeira und Tapajós die Artenvielfalt größer sein könnte als bislang angenommen. Flussläufe verändern sich aufgrund der tektonischen Aktivitäten dort häufig. Und: Es ist eine Region, in der Holzfäller*innen und Landbesitzer*innen derzeit besonders viel roden.
Jonas Waack
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