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doppelblindGeld oder Leben

Seit Anfang des Jahres ist in Deutschland eine höhere Tabaksteuer fällig. Für alle, die gern eine schmöken, heißt das: Sie müssen für eine Packung Kippen jetzt im Schnitt 10 Cent mehr bezahlen – und die Preise werden weiter steigen. Denn bis 2026 wird die Tabaksteuer in mehreren Schritten angehoben. Auch E-Zigaretten, Wasserpfeifen und die derzeit beliebten „Heets“ werden teurer. Dem Staat spült die Steuererhöhung geschätzt 14,5 Milliarden Euro zusätzlich in die Kassen. Und vielleicht rettet die höhere Tabaksteuer sogar Leben.

Weltweit sterben etwa 8 Millionen Menschen im Jahr an den Folgen des Ta­bak­konsums – auch Neugeborene, weil ihre Mütter während der Schwangerschaft aktiv oder passiv rauchen. Dass es einen Zusammenhang zwischen Sterberaten und Zigarettenpreisen gibt, ist schon länger bekannt. Vor fünf Jahren hat eine britische Studie die Säuglingssterblichkeit in 23 Ländern der EU mit der Entwicklung von Zigarettenpreisen abgeglichen und festgestellt: In Ländern mit höheren Kippenpreisen kamen signifikant weniger Neugeborene ums Leben. Durch höhere Tabaksteuern in den Jahren von 2004 bis 2014 seien insgesamt 9.208 Säuglingssterbefälle vermieden worden.

Nun konnte ein achtköpfiges Forscherteam aus England, Schottland und den Niederlanden erstmals nachweisen, dass dieser Zusammenhang weltweit besteht. Wie die For­sche­r:in­nen diese Woche in der Fachzeitschrift PLOS Global Public Health schreiben, führt bereits eine Erhöhung der Tabaksteuer um 10 Prozentpunkte zu einer Verminderung der Sterbefälle bei oder kurz nach der Geburt um 2,6 Prozent, weil höhere Preise den Tabakkonsum drücken.

Für die Berechnung wertete das Team Daten aus 159 Ländern im Zeitraum von 2008 bis 2018 aus. Auffällig war aus ihrer Sicht, dass in ärmeren Ländern nicht nur die Säuglingssterblichkeit rund fünfmal höher lag – sondern auch die Niveau der Tabaksteuer deutlich niedriger war. Nur 11 Prozent dieser Länder besteuerten Tabak so hoch, wie es die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt: mit 75 Prozent des Verkaufspreises oder höher. Bei den reicheren Ländern hingegen machten dies immerhin fast die Hälfte. Die Studie schätzt, dass 181.970 Neugeborene und 49.250 Kleinkinder im Jahr 2018 nicht gestorben wären, hätten alle 159 Länder die Tabaksteuer auf den empfohlenen Wert erhöht.

Zigarettenpreis rauf, Säuglings­sterblichkeit runter

In Deutschland lag die Tabaksteuer bei Zigaretten zuletzt übrigens bei 69 Prozent. Bis 2026 wird sie jedes Jahr im Schnitt um rund 3 Prozent steigen – und hoffentlich dadurch weitere Menschenleben retten. (rpa)

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