dieser verdammte krieg (55):
CAROLA RÖNNEBURG führt heute das Kriegstagebuch der taz.
Wieder ist ein Bin-Laden-Video aufgetaucht, wie zunächst die Washington Post und später die Nachrichtenagenturen verbreiteten. Nach allem, was sich aus den Meldungen zusammenklauben lässt, erzählt Bin Laden danach auf diesem Band, wie er die Berichterstattung über den ersten Anschlag auf das World Trade Center gemeinsam mit seinen Getreuen im Radio verfolgte und sie aufforderte, weiter zuzuhören. Das Video belegt nach den Worten Dick Cheneys „zweifelsfrei, dass Bin Laden von den Anschlägen gewusst hat“. Die Öffentlichkeit könne es allerdings erst zu sehen bekommen, wenn „Experten“ ihre Zustimmung gegeben hätten. Man wolle Bin Laden („this guy“) keine zusätzlichen Fernsehauftritte verschaffen, sagte der US-Vize-Präsident in einem CNN-Interview.
Womöglich existiert das Video tatsächlich. Vielleicht haben es wirklich „die USA gefunden“, wie es im Agentursprech heißt, und zwar „bei einer Hausdurchsuchung in Dschalalabad vor zwei Wochen.“ Die Frage, ob dieser Film auch außerhalb eines militärgerichtlichen Verfahrens als Beweismittel verwendet werden könnte, blieb allerdings genauso offen wie die nach den Begleitumständen des spektakulären Fundes: Gibt es eine US-amerikanische Spezialeinheit „Hausdurchsuchung“, die schon seit Mitte November in Afghanistan operiert und fleißig belastendes Beweismaterial sammelt? Wurden weitere interessante Objekte entdeckt? War die Videokassette beschriftet? Wenn ja: in englischer oder arabischer Sprache?
MORGEN: Wiglaf Droste
Sibylle Bergs gestriger Tagebucheintrag war am Ende unvollständig. Der Schlusssatz lautet: „Ob das die Menschheit vor der Verblödung rettet – keine Ahnung, es wäre einen Versuch wert.“
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