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dieser verdammte krieg (52)

CAROLA RÖNNEBURG führt heute das Kriegstagebuch der taz.

Tschingderassabumm

Wie viele Schweigeminuten zum Gedenken an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September gab es eigentlich bisher? Ich erinnere mich unter anderem an die offizielle deutsche Gedenkminute; außerdem eine auf der Frankfurter Buchmesse (sie dauerte etwa drei Minuten lang, weil die Lautsprecherstimme vergessen hatte, den Stillgestanden-Befehl wieder aufzuheben) sowie eine vor dem Spiel von Eintracht Frankfurt gegen Arminia Bielefeld (Endstand schmachvolle 0:2).

Mit dem Schweigen ist jetzt aber Schluss, und kein Geringerer als US-Präsident George W. Bush hat das verfügt. Am nächsten Dienstag soll es um 8 Uhr 46 New Yorker Zeit rund um den Globus zu verlängerten Gedenkminuten kommen – allerdings nicht in aller Stille, sondern mit einem Höllenlärm: die Nationen der Welt sind angehalten, zu exakt diesem Zeitpunkt ihre Nationalhymnen zu spielen, als „Signal an die Terroristen“. Die nämlich hätten nichts anderes im Sinn, als „dass wir still bleiben. Sie wollen, dass wir unsere Pflichten vernachlässigen. Sie wollen, dass wir vergessen, was am 11. September geschah“, kommentierte Bush, den Krach seiner B-52-Bomber ignorierend, ein offenbar noch unveröffentlichtes Bin-Laden-Video. Die USA und ihre Freunde würden jedoch „nicht vergessen, was passiert ist“ und Terroristen „zur Rechenschaft ziehen, in Afghanistan und wo immer sie sich verstecken“.

Also vormerken, Big Band der Bundeswehr: Einigkeit und Recht und Freiheit am Dienstag, 14 Uhr 46. Aufgepasst, Musikanten in Addis Abeba und Bagdad – Ihr Einsatz beginnt um 15 Uhr 46. Und in Kamtschatka geht besser niemand vor 23 Uhr 46 schlafen – George Bush hört mit und könnte übel nehmen.

MORGEN: Roger Willemsen

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