die wahrheit: Dem Hund ist es egal
Warum Nordrhein-Westfalen die höchste Hundedichte in Deutschland hat.
N ordrhein-Westfalen ist auf den Hund gekommen: Acht der zehn deutschen Städte mit besonders großer "Hundedichte" liegen an Rhein und Ruhr. Mit 136 Vierbeinern pro Quadratkilometer liegt die Ruhrgebietsstadt Herne an der Spitze der Fiffi-Statistik. Deutlich abgeschlagen folgen Oberhausen und Berlin, wo sich jeweils 113 Kläffer je Quadratkilometer tummeln. Auch die Menschen in Essen (100), Gelsenkirchen (96) und Bochum (94) haben ein besonders großes Herz für Hunde. Mit einer Wauwau-Quote von je 88 bis 85 Exemplaren folgen dann die rheinischen Städte Duisburg, Solingen, Wuppertal und Düsseldorf sowie Dortmund. Das westfälische Münster sowie Saarbrücken (je 29) bilden mit Freiburg (25) die Schlusslichter beim bundesdeutschen Hunde-Vorkommen. dpa-Meldung vom 16. 7. 2007
Dem Hund ist es doch völlig egal, in welcher Stadt er lebt. Ich weiß das, ich war mit mehreren Hunden befreundet. Mit einem - genauer gesagt, mit einer, der Hund war eine Hundefrau - war ich sogar sehr befreundet. Wir waren dreizehn Jahre lang zusammen und, das können sie sich ja denken, in einer so langen Partnerschaft spricht man über alles. Gut, gesprochen habe meistens ich. Sie hat nicht viel gesagt. Ihr Job war es, zuzuhören. Wenn sie mal sprach, ging es meistens um die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, für die ich die Tür aufmachen musste, damit es nicht zu Verunreinigungen im häuslichen Bereich kam. Hin und wieder machte sie mich auch auf meine Pflichten als ihr Ernährer aufmerksam, aber das war es eigentlich schon von ihrer Seite.
Besonders viel gesprochen habe ich mit ihr, wenn wir unterwegs waren. Wir waren viel unterwegs. Deswegen weiß ich ja auch, dass es ihr schnurzpiegegal war, in welcher Stadt diese Gespräche stattfanden. Dass die Ruhrgebietssiedlung Herne die deutsche Hundehauptstadt ist; dass in Oberhausen verhältnismäßig genauso viele Fiffis wohnen wie in Berlin; dass Nordrhein-Westfalen die größte Hundedichte Deutschlands hat, ist nicht der Tatsache geschuldet, dass es die Hundenatur mit Macht an Rhein und Ruhr zieht. Den Hund zieht es dahin, wo es nach Herrchen, Frauchen, Futternapf und nach anderen Hunden riecht. Der Hund braucht einen Bürgersteig, übersichtliche Grünflächen und Ecken, die er parfümieren kann, damit es da, wo es gerade noch nach anderem Hund gerochen hat, ab sofort nach ihm riecht.
Überall, wo man ihm dieses Angebot zur Verfügung stellt, geht es dem Hund gut. Ich habe oft mit meinem Hund darüber gesprochen. An verschiedenen Orten. In Dortmund, in Paris, in Herne. Ganz gleich wo, es war überall dieselbe Unterhaltung. "Komm wir gehen da rüber, da ist ne Wiese. Nein, nicht da. Willst du wohl?! Dahin. Ja. So ist gut. Brav. Und jetzt: Ab nach Hause!"
Das ist es, was der Hund will. Nach Hause. Wo dieses Zuhause ist, ist ihm völlig wurscht. Hauptsache, am Ende des Weges gibt es Wurst. Das muss man wissen. Das bekommt man selbstverständlich nur heraus, wenn man als Mensch mit dem Hund spricht. Spricht der Mensch lange genug mit dem Hund, gewöhnt der sich an die Menschensprache und denkt irgendwann, dass er selbst ein Mensch ist. Das wiederum führt dazu, dass der Hund menschenähnliche Verhaltensweisen annimmt, mit anderen Worten, dass er neurotisch wird.
Die Schlussfolgerung, dass Nordrhein-Westfalen deswegen die größte Hundedichte hat, weil es dort die größte Neurotikerdichte gibt, ist demnach zulässig. Ob es tatsächlich so ist, kann nicht bewiesen werden. Dazu müsste der Hund dann doch mal eine Antwort geben. Fragen Sie doch einfach Ihren. Vielleicht sagt er ja was.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu