die wahrheit: führerscheinentzug ist kein beinbruch

Es gibt wieder mehr Fußgänger in Ballyvaughan. Das liegt an dem neuen Polizisten.

Es gibt wieder mehr Fußgänger in Ballyvaughan. Das liegt an dem neuen Polizisten, der in den kleinen Ort an der irischen Westküste versetzt worden ist. Sein Vorgänger, der in den Ruhestand gegangen ist, hatte betrunkenen Autofahrern höchstens den Schlüssel weggenommen und ihnen ins Gewissen geredet. Doch der neue Beamte ist jung und ehrgeizig.

Sein erstes Opfer war der alte Jim. Er hat in seinem Leben nie viel getrunken, doch an diesem Abend waren es zwei Pints - jenes Maß von 0,56 Litern, um das sich in irischen Pubs alles dreht. Das war zuviel, befand der Wachtmeister, nachdem Jim ins Röhrchen geblasen hatte. Bei Colin hingegen wäre das Röhrchen fast explodiert. Er ist Gewohnheitstrinker, und weil in Ballyvaughan lediglich ein einziger Bus am Tag fährt, nimmt Colin stets das Auto. Seine Frau, die in ständiger Sorge um sein Wohl und um das Wohl anderer Verkehrsteilnehmer ist, hatte von dem eifrigen neuen Polizisten gehört.

Sie rief ihn eines Abends an, verriet ihm die Stammkneipe ihres Mannes und bat ihn, Colin endlich den Führerschein wegzunehmen. Er erfüllte ihren Wunsch mit Vergnügen.

Besonders hart traf es David und Maggie. Das Ehepaar war auf dem Heimweg von einer Geburtstagsfeier, als sie schon von weitem die Straßensperre sahen. Da Maggie etwas getrunken hatte, meinte David, sie solle an den Straßenrand fahren, damit er das Steuer übernehmen könnte. Das war der erste Fehler, denn er fiel beim Alkoholtest durch. So erklärte er dem Polizisten, dass eigentlich nicht er gefahren sei, sondern seine Frau. Das war der zweite Fehler, denn nun musste auch Maggie pusten und wurde ihren Führerschein ebenfalls los. Zwei auf einen Streich, freute sich der Wachtmeister.

Wolfgang, der 78-jährige Deutsche, der seit Jahrzehnten in der Nähe von Ballyvaughan lebt, hatte mehr Glück. Er war auf einem Seniorenabend, und weil es dort Freigetränke gab, hatte er kräftig zugelangt. Er war so betrunken, dass er nur mit Müh und Not die Autotür aufbekam. Leider schlug er sie zu, bevor er sein Bein ins Auto gezogen hatte. So brach er sich den Unterschenkel und fiel auf die Straße, wo er vier Stunden später von dem Polizisten gefunden wurde. Da er nicht gefahren war, durfte er seinen Führerschein behalten, kann aber mit dem Gipsbein sechs Wochen lang nicht fahren.

Ich hatte ebenfalls Glück. Nachdem ich ins Röhrchen gepustet hatte, fragte mich der Schrecken aller Autofahrer, wie viel ich getrunken hatte. Ich sei auf einer Vernissage gewesen, antwortete ich, und dort wurde nur Mineralwasser serviert. Wo ich danach gewesen sei, wollte der Polizist wissen. Im Wirtshaus, gab ich zu, weil ich annahm, dass er die Pubs im Ort beobachtete. Und dort hätte ich sicher auch nur Mineralwasser getrunken, höhnte er. "Nein", entgegnete ich, "dort habe ich ein Bier getrunken." Bei dem einen sei es doch sicher nicht geblieben, vermutete der Beamte. Aber ja, schwor ich und verabschiedete mich innerlich von meinem Führerschein.

Doch er betrachtete nachdenklich das Röhrchen und sagte etwasenttäuscht: "Ist ja auch egal. Es reicht ohnehin nicht, um dich zur Blutprobe mit aufs Revier zu nehmen."

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.