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die wahrheitEtwas erzählen mit Freund Birnbaum

Mein Freund Birnbaum und ich arbeiten im "Ministerium für Aufgaben und Angelegenheiten", und heute erzählen wir uns etwas...

...Zuerst warten wir ab, dass etwas passiert. Als aber nichts geschieht, jedenfalls nichts Besonderes, beginnen wir mit unseren Geschichten. "Ich bekam mal einen Strauß Rosen, die aussahen wie Schweinsnasen", berichtet Ministerialrat Ventzke zu Beginn. "Na so was!", rufen wir da und: "Große Sache!". "Oje!", sagt dagegen Fräulein Vogelscheuch, weil ihr das sehr leidtut. "Ein anderes Mal bekam ich Nelken", fährt Ministerialrat Ventzke nun fort, "die schauten aber ganz normal aus." Jetzt erwidern wir nichts, weil wir so etwas schon mal erlebt haben. Wir nicken aber zustimmend.

"Ich hatte mal eine Taschenuhr, die nicht die gültige Zeit anzeigte, sondern eine, die ihr im Moment am besten gefiel", berichtet Bürobote Milde. "Wenn ich morgens zur Arbeit musste, gab sie zum Beispiel an, dass es schon früher Abend war und ich getrost zu Hause bleiben konnte. Später hatten wir Streit wegen der Verlängerung meines Urlaubs. Als wir uns nicht einigen konnten, sagte sie schließlich: ,Bist nix, kannst nix, wirst auch nix wern.' Danach ist sie für immer auf drei Minuten nach zwölf stehengeblieben." Etwas besorgt schauen wir jetzt alle auf die Bürouhr. Zum Glück geht sie noch.

"Als wir jung waren, lauschten wir abends immer den Gesängen von Gonzales Rodriguez aus dem Radio", ergreifen nun die Büroassistenten Beuger und Strecker das Wort. "Es könnte aber auch die Stimme von Stefan Brikett gewesen sein, dem bekannten Meister der Kehllaute", gestehen sie nach kurzem Überlegen. "Genau wissen wir es nicht mehr. Man wird alt und die Erinnerungen vermischen sich." Und nach einem weiteren Moment des Nachdenkens ergänzen sie: "Aber, schön wars doch."

"Ich war vierzig, als ich eine singende Tapete erfand", gesteht Bürovorstand Nicklich jetzt. "Jedes Mal, wenn man in das Zimmer mit der Tapete trat, konnte man ihr Lied hören. In der Regel passte es zum Tapetenmuster." Als wir gerade überlegen, welches Lied unsere Tapete singen sollte, unterbricht uns Fräulein Vogelscheuch: "Ich war mal eine verfallene Mauer, dicht mit Blumen bewachsen." Und Kopierwart Kugel ergänzt: "Ich war ein Mann mit einer Katze."

"Ich war mal eine Zahnbürste", sagt Freund Birnbaum. "Nachdem ich erwachte, beschmierte jemand meinen Kopf mit Zahnpasta und führte mich in seinen Mundraum ein. ,Du musst dich von selbst drehen', forderte er, denn ich war eine elektrische Zahnbürste. ,Befreie die Zwischenräume von Speiseresten, massiere das Zahnfleisch!', ergänzte er seine Arbeitsanweisungen. Nachdem ich fertig war, holte er mich aus seinem Mund und spülte mich kalt ab. Es war mein erster Tag als Zahnbürste, aber schon jetzt wusste ich, dass ich mein Leben ändern wollte."

"Ich war auch mal eine Zahnbürste", gesteht jetzt Amtsrat Mulmig, "aber das war nur im Traum. In Wirklichkeit habe ich auf einem Stein gesessen und aufs Meer geschaut." - "Lange?", fragen wir. "Sehr lange!", antwortet er. Dann sind die Geschichten zu Ende erzählt. Und weil weiter nichts Besonderes geschieht, hängt jeder noch ein bisschen seinen Erinnerungen nach. Dabei wird es sehr still.

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