die wahrheit: Die Tempelhofer Rede
Friedbert Pflüger 2009. Der neue deutsche Bundeskanzler auf der Höhe seiner Macht.
Sehr geehrte Exzellenzen und Eminenzen, meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Dies ist ein Tag der Andacht - und der Hoffnung. Wir haben uns hier auf dem alten Flughafen Tempelhof, dem künftigen Marlene-Dietrich-Airport, versammelt, um die Vergangenheit nicht, niemals!, zu vergessen. Doch wollen wir über die Rückschau nicht die Zukunft aus dem Blick verlieren. Auch dafür steht dieser Ort. Das müssen wir stets im Auge haben, so anspruchhaft dies vielleicht aus kurzer Sicht erscheinen möge.
Ein Jahr ist vergangen seit jenem schrecklichen, tragischen, letztlich unbegreiflichen Unglück, zu dessen Gedenken wir heute hier stehen beziehungsweise sitzen. Ein Jahr, in dem sich das Leben so vieler Menschen für immer verändert hat. Auch meines! Erlauben Sie mir daher einige persönliche Worte.
Am Morgen jenes schrecklichen Tages ahnte natürlich noch niemand, dass es der Morgen eines schrecklichen Tages sein würde. Zugeben, ich war etwas verärgert, weil unser Sohn Leo mein Mobiltelefon mit Kakao übergossen und auf diese Weise funktionsuntüchtig gemacht hatte. Dann jedoch erlebte ich mit der kompletten Riege der Spitzenpolitiker von CDU und CSU eine ebenso spannende wie aufschlussreiche Klausurtagung in Reutlingen. Wie bei solchen Klausuren üblich, durfte auch der gesellige Teil nicht fehlen. So manche leere Weinflasche zeugte von angeregten Gesprächen und von Freundschaften, die über das politisch Verbindende weit hinausgingen … Zu später Stunde verschickte unser damaliger Innenminister Schäuble eine SMS komischen Inhalts - gerade unsere unvergessene Bundeskanzlerin Angela Merkel wusste es stets zu schätzen, wenn sie per Handy lustige Nachrichten erhielt. Und ich erinnere mich gut, wie herzhaft Angie auflachte, als der gesimste Witz sie erreichte!
An mir ging der Scherz mangels Mobiltelefon leider vorbei. Doch was heißt hier "leider"! Leos Ungeschick vom Morgen rettete mir das Leben. Denn Wolfgang Schäuble hatte mit dem Witz versehentlich auch eine neu entwickelte Software des Verfassungsschutzes verschickt. Dieser sogenannte "Todes-Trojaner" sorgt dafür, dass sich Handy-Akkus innerhalb weniger Minuten überhitzen, bis sie explodieren.
Zufällig war ich "für Knaben", als das Unfassbare geschah. Innerhalb von Sekundenbruchteilen waren die Unionsparteien kopflos - buchstäblich.
Aufgrund einer Zusatzklausel im Koalitionsvertrag bin ich als letztes verbliebenes CDU-Präsidiumsmitglied seit jenem furchtbaren Tag der deutsche Bundeskanzler. Es gab deshalb schlimme Verdächtigungen. Man hat mir unterstellt, dem stark angeheiterten Wolfgang Schäuble das Handy entwendet und heimtückisch den "Todes-Trojaner" versendet zu haben. Mit Journalismus hat das alles wenig zu tun. Das ist Ideologie, dazu noch schlecht gemacht. Und dazu sagte und sage ich: Ja, es ist purer Zufall gewesen, dass mein Mobiltelefon defekt und ich nicht im Raum war!
Zu denen, die mich und damit auch meine Familie mit Schmutz bewarfen, zählte die Moderatorin Anne Will. Es wird behauptet, ich hätte "eine Rechnung mit ihr beglichen", weil ich sie und andere "Journalisten" zur Pressekompanie unserer Truppen im südlichen Afghanistan versetzen ließ. Meine hasserfüllten Gegner unterstellen mir überdies, ich sei verantwortlich für das "friendly fire", das grauenhafterweise kürzlich unsere Pressekompanie atomisierte. Bei uns ist heute zu viel schlechte Laune, zu viel ideologischer Kampf, zu viel Beleidigung im Spiel. Schade! Ähnliche Ranküne prägt die Polemik gegen die bedeutendste Entscheidung meines ersten Amtsjahres, die Erweiterung dieses wunderbaren Flughafens Tempelhof. Tempelhof ist kein Bonzenflughafen, sondern ein Chancenflughafen! Man wirft mir jetzt vor, dass der Beschluss, den Stadtteil Neukölln zwecks Baus von Start- und Landebahnen einebnen zu lassen, nur deshalb getroffen worden ist, weil ich hier bei der Landtagswahl 2006 eine herbe Niederlage als Direktkandidat erfuhr. Dazu kann ich nur sagen: Quatsch!
Qua der Notstandsdekrete, mit denen ich gezwungenermaßen seit meinem Amtsantritt unser Land regieren muss, habe ich übrigens verfügt, dass sämtliche Funktionsträger der vormaligen Stadtregierung als Luftschutzwarte eingezogen werden. So kann zumal Herr Wowereit gute Dienste leisten, wenn unsere amerikanischen Verbündeten morgen mit ihren Flächenbombardements beginnen. Sie sind leider unumgänglich, wenn wir den Traum zahlloser Berliner von einem Fernflugdrehkreuz im Herzen ihrer schönen Stadt erfüllen wollen. Und das wollen wir! Denn wir sind dies denen, derer wir heute gedenken, ebenso schuldig wie jenen, die mich unter anderem durch den Volksentscheid vom April 2008 immer wieder in meiner Linie bestärkt haben. Mein Name ist Friedbert, nicht Kriegbert! Aber wenn es nötig ist, draufzuhauen, dann werde ich mich nicht, niemals!, davor drücken!
In diesem Sinne neigen wir vor den Verblichenen und den Verbliebenen das Haupt - und erheben es in Erwartung des ersten Airbus A 380 hier im Herzen der Hauptstadt in Tempelhof.
Vielen Dank.
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