die wahrheit: Teddy Hecht wieder da!
Nachrichten aus der Welt des Humors: Seit mittlerweile zehn Jahren gibt es den "Toten Salon" in Hamburg - und er wird weiterleben.
Zum letzten Male wird morgen Abend um halb neun Uhr im Café Nachtasyl des Thalia Theaters in Hamburg der "Tote Salon" eröffnet, den Rayk Wieland und Gerhard Henschel seit zehn Jahren betreiben. Einmal monatlich haben sie Schriftsteller, Bänkelsänger, Filmemacher, Schauspieler und Kabarettisten dazu eingeladen, sich dem Publikum von ihrer Schokoladenseite zu präsentieren. Leibhaftig aufgetreten sind unter anderem F.W. Bernstein, Harry Rowohlt, Günter Amendt, Jörg Schröder, Toni Mahoni & Pierre Robert, Eckhard Henscheid, Heinz Strunk, Eugen Egner, Wenzel Storch, Fritz Tietz, Horst Tomayer, Rattelschneck, Felicitas Hoppe, Fanny Müller, Sarah Schmidt, Kathrin Passig, Hermann L. Gremliza, Horst Tomayer, Martina Brandl, Hartmut El Kurdi, Frank Schulz, Frank Schäfer, die Fizz Oblong Show, Carola Rönneburg, Corinna Stegemann, Michael Ringel, Ralf Sotscheck und viele andere mehr und nicht zuletzt der mittlerweile hochberühmte alte Sprücheklopfer Günther Willen ("Ich bin so schlecht im Bett, das müssen Sie erlebt haben").
Ebenfalls zum letzten Male wird morgen Abend Rayk Wieland als Gastgeber des Toten Salons auf der Bühne erscheinen. Als gebürtiger Leipziger und gelernter Elektriker hat er sich stets ein gesundes Misstrauen gegenüber den Versuchungen des Lebens im freien Westen bewahrt und nach reiflicher Überlegung nunmehr den Entschluss gefasst, nach Shanghai auszuwandern. Auf die Frage, ob es ihm schwerfalle, den Toten Salon zu verlassen, antwortet Wieland ausweichend: "Die vom Toten Salon ausgearbeitete Generallinie zur Fortführung der tiefgreifenden Umgestaltung des kulturellen Lebens wird für den Standort Hamburg in Zukunft zweifellos auch ohne meine persönliche Beteiligung von grundlegender Bedeutung sein. Im Mittelpunkt der Auswertung meiner eigenen Erfahrungen im Showbusiness steht für mich die Absicht, wesentliche Ergebnisse meiner Gedankengänge zusammenfassend herauszuarbeiten und in meinen Memoiren, für die ich bereits einen gigantischen Vorschuss kassiert habe, den bestimmenden Einfluss des Toten Salons auf das hanseatische Kulturgeschehen gebührend hervorzuheben."
Wielands Nachfolge als Gastgeber wird der Hamburger Autor Richard Christian Kähler antreten. Unter dem Pseudonym Teddy Hecht hat er sich in den Achtziger- und Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts als Trendforscher einen Namen gemacht; zunächst in der Redaktion der Titanic und dann auch als Gründer und Chefredakteur des unvergessenen Satiremagazins Kowalski. "Und wer", so schrieb er vor zwanzig Jahren nicht ohne Hintergedanken an sich selbst, "wurde vor kurzem auf einer der vollverstrahlten Bikini-Atombomben-Versuchsinseln putzmunter und in Massen vorgefunden? Ratten. Endlich mal Tiere, um die man sich keine Sorgen machen muss."
Auf Kähler, sagt Wieland, kämen gewaltige Aufgaben zu: "Ich empfehle ihm, allen künftigen Gästen die hohen Ansprüche bewusstzumachen, die der Tote Salon entsprechend den objektiven Erfordernissen der gesellschaftlichen Entwicklung an die Fortbildung des Publikums stellt. Gerade durch eine solche Schulung kann der Tote Salon einen entscheidenden Beitrag zur Vertiefung der Überzeugung leisten, dass die Festigung der Position des Toten Salons als Eckpfeiler der gehobenen Unterhaltung maßgeblich zum Erstarken einer zukunftsfähigen Rolle des Toten Salons im Hamburger Nachtleben beitragen dürfte. Im Übrigen teile ich die Einschätzung meines Kollegen Gerhard Henschel, dass die unerschütterliche Verbundenheit des Toten Salons mit den Massen auch über den viel zu frühen Tod unserer Gäste Michael Rudolf, Chlodwig Poth und Walter Kempowski hinaus Bestand haben müsse, denn alles andere wäre ja wohl Quatsch."
Nach der morgigen feierlichen Übertragung des Gastgeberamts von Wieland an Kähler soll der Tote Salon zu Beginn der Saison 2009/10 in einer neuen Spielstätte wiedereröffnet werden. Welche das sein könnte, hat bei Redaktionsschluss noch nicht festgestanden.
"Der Tote Salon". Mit Gerhard Henschel, Rayk Wieland, Richard Kähler, Café Nachtasyl im Thalia Theater Hamburg, Raboisen 67, Samstag, 4. Juli, 2009, 20.30 Uhr.
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