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die wahrheitDer homosexuelle Mann...

... ist keine Seltenheit, nicht im Showgeschäft, nicht in der Kultur, und schon gar nicht mehr in der Politik. Besonders da drängen sich inzwischen alle nach vorn...

... mit ihrer Besonderheit, um noch ein paar Wählerstimmen mehr abzugreifen - Wowereit hats vorgemacht. Die Berliner SPD ließ zum diesjährigen CSD eine ganze Wagenladung schwuler Landespolitiker auffahren, und in Köln treten bei der kommenden Wahl zum Oberbürgermeister mit Peter Kurth von der CDU und Ralph Sterck von der FDP gleich zwei schwule Kandidaten gegeneinander an. "Das ist eine Entwicklung, die sich so ergeben hat", so Kurth: "Irgendwann war es eben fällig."

Doch noch ist die emanzipierte Gesellschaft nicht vollständig, solange es hierzulande weiterhin Berufsgruppen gibt, die keine schwulen Mitglieder dulden. Der Profifußball zum Beispiel - seit Jahren wartet die Öffentlichkeit auf einen Spieler-Star, der Tacheles redet. Umsonst. Gleiches gilt für die Vorstandsetagen in der Wirtschaft, keiner will den Anfang machen, Homosexuelle, die es natürlich auch dort gibt, fürchten den tiefen Fall danach.

Bis auf einen, der jung ist, engagiert, steinreich und in der Bankenwelt bereits eine beispiellose Karriere hinter sich hat: Harald Christ. Der 37-jährige SPDler war bereits mit 27 Jahren Private-Banking-Direktor bei der Deutschen Bank, anschließend in wichtigen Positionen bei der WestLB und der Berliner Weberbank. Seit 2008 ist er Allein-Aktionär der Christ Capital AG, und vor kurzem übernahm er 51 Prozent der Reformhauskette "Vitalia".

Mit dem Schwulenmagazin Blu sprach Christ jetzt erstmals über die Schwierigkeiten eines Schwulen in den Führungsetagen der Finanzwelt. "Hier ist Homosexualität ein Karrierekiller", sagt er. "Nicht immer kommt der oder die Bessere voran, sondern der oder die Stromlinienförmigste." Denn immer noch herrsche in den deutschen Aufsichtsräten ein festes Bild, wie ein "Mustermanager" aussehen sollte, mit Familie, Kind, Haus und Hund.

Nicht viel hält Christ von sogenannten Diversity-Konzepten, die beispielsweise bei Ford oder der Deutschen Bank die Vielfalt der Mitarbeiter betonen - unter besonderer Berücksichtigung, welcher Nationalität, Religion, sexueller Orientierung oder gesellschaftlichen Gruppe sie angehören. "Die Diversity-Grundsätze, die ich in meinem Berufsleben kennengelernt habe, waren mehr oder weniger Alibiveranstaltungen. Oft bleibt es bei der Symbolik, ,offen und liberal' zu wirken, schließlich hat man auch viele Kunden, die das schätzen."

Christs Rat für junge Schwule auf dem Weg ins Topmanagement sieht düster aus: So lange wie möglich kein offenes Wort übers Privatleben. "Die traurige Realität ist, dass das, was in der Politik und Kultur durchaus ein Karrierebeschleuniger sein kann, im Management weiterhin ein Tabu ist, wenn es um wirkliche Spitzenpositionen geht." Hier werde mit harten Bandagen gekämpft, auch mit Erpressung und übler Nachrede. Dennoch hat er für sich daraus nur eine Erkenntnis gezogen: "Offenheit ist der beste Schutz."

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3 Kommentare

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  • MS
    Michael Schmiermund

    Man merkt an allen Ecken und Enden, dass sich Deutschland in einem Wahljahr befindet und 'showtime' ist.

    Da werden sogar die, in Deutschland tabuisierten, Schwulen in der Wirtschaft umworben.

    Ich bin selbst schwul und im internationalen Bankengewerbe tätig. Da ist Deutschland auf osteuropäischem Niveau - schwulen- und lesbenfeindlich.

    Ich kenne so viele Schwule & Lesben bei der Deutschen Bank, Commerzbank und vor allem bei der Dresdner Bank, die sogar zwei Wohnungen unterhalten. Da nützen auch die Diversity-Programme der Deutschen Bank nicht viel. Einem meiner besten Freunde, der just an einer mittlerer Führungsposition vorbeigeschrammte, wurde angeraten, dass er doch wenigstens in weiblicher Begleitung bei Festivitäten erscheinen solle, sowas könne man ja auch buchen.

    Ich wurde krank und hatte auf Grund einer chronischen Darmkrankheit stark abgenommen. Sofort war es das Thema: 'der hat eh AIDS'. Ich wurde sogar in die Personalabteilung bestellt.

    DAS bedeutet es als geouteter Schwuler in Deutschland zu arbeiten.

    Witzig ist nur, wen man in Schwulenkneipen in dunklen Ecken so alles sieht. Das nützt auch eine Wochenendflucht von Frankfurt nach Köln nicht viel.

  • D
    DiversityAndEquality

    "Solange wie möglich kein offenes Wort über das Privatleben" - und ein paar Zeilen später: "Offenheit ist der beste Schutz"

     

    Ja, was denn nun? Und vor allem: Wie krank und pervers muss eine Gesellschaft sein, in der nach wie vor solche Zustände herrschen - und niemand aus Politik und Gesellschaft hält es für nötig, dagegen aktiv vorzugehen?!

  • FB
    Felix berthold

    Der Artikel ist korrekt! Hier zwei weitere Beispiele für die Grenzen in der scheinbaren Liberalität:

    1. Firmen wie C&A, aber auch H & M (was wegen seiner jugendlichen Zielgruppe nicht zu erwarten wäre) vermeiden jede homosexuelle "Tuchfühlung" in der Führungsetage ihres Unternehmens.

    2. Es gibt die verschiendensten schwulen Vereinigungen - bis hin zu Gay-Managern. Aber: es gibt keine Vereinigung "schwuler Ärzte". Komisch, nicht? Will man da was werden, muss man mit seinen "Kollegen" eher eine Jagdprüfung als Jäger machen, um der Karriere keine Abbruch zu tun. Das ist leider kein Witz.