die wahrheit: Die Matschmusik von Silbermond
Was ist los mit den jungen Leuten? Sie wollen die Generation Porno sein, aber Musik machen sie nur mit Kondom. Haben denn die Mädels und Jungs von heute überhaupt keine Eier mehr in der Hose?
Selbst wenn ich geschickt durch die Radiosender zappe, werde ich seit Monaten auf allen Kanälen verfolgt von einem jaulenden Mädchen, dass nach nichts als "einem kleinen bisschen Sicherheit" verlangt. Sie klingt, als habe der Arzt ihr das Singen zur Schluckaufbekämpfung verordnet. Was ist das? Die Bewerbung für die Allianz-Werbepartnerschaft 2009?
Pop war mal anders. Im Jahre 40 n. W. (nach Woodstock) verbietet sich eine solche klangteppichunterlegte Schleimbeutelentzündung eigentlich von selbst. Aber nicht, wenn man sich Silbermumpitz nennt, aus Bautzen stammt und sich selbst attestiert, eine Bande von "Vollblutmusikern" zu sein. Dafür habe ich vor 20 Jahren die DDR nicht von ihrem Terrorregime befreit, um mir jetzt diesen korrupten Müll anhören zu müssen.
Ich sehe sie förmlich vor mir, die Vollhorstmusiker um Frontfrau Stefanie Kloß (!), wie sie vor sich hinsäuseln: "Ey, ist nicht so gut da draußen, lass uns mal was zur Krise machen." - "Ja, toll kreativ, es muss aber auch Westerwelle gefallen können." - "Wie wärs mit: Macht kaputt, was euch kaputtmacht?" - "Och nö … wie wärs mit: Nimm mir ein bisschen Geschwindigkeit?" - "Was? Wir spielen doch sowieso immer so langsam?" - "Ja, aber die Message muss rüberkommen: Auch wenn die Welt den Verstand verliert, das hier bleibt unberührt, wenn nichts passiert."
Ja, das hätte meine Oma auch über ihren Vanillepudding dichten können. Den mit Haut, und so ähnlich wie Vanillepudding mit Haut sind auch alle Texte von Silbermond, klebrig, sämig, unappetitlich verschwurbelt, sogar die vermeintliche Wichserhymne "Machs dir selbst", von der man eigentlich einen Spritzer mehr erwarten dürfte.
Immer wird nichts bereut, tut alles gut, muss man was versprechen oder sich irgendwas eingestehen, nur um was es da eigentlich geht, wird nie gesagt. Die großen Bekennerworte kreisen um ein riesiges Nichts, aber ein Nichts, das verziert mit gebrochenen Akkorden aus dem großen Repertoire unserer Vollblutschnulzautoren nach schwer was aussehen soll. Dazu gibt es tiefe Wahrheiten wie "Wenns nur regnet, ist es besser aufzugeben" - ein Satz, den jeder Radfahrer sofort unterschreiben würde. Und das Ganze ist garantiert humorfrei. Hilfe! Bringt mich in Sicherheit!
Ja, "manchmal bin ich schon am Morgen müd", sangen Karat sehr richtig, damals in der DDR noch eine subversive Aufforderung zur Verfehlung des Plansolls. Doch wir aus dem Westen sollten den Mund nicht so voll nehmen, denn wir sind geschlagen mit der Band Juli.
Noch so eine Radfahrerband: "Ich liebe den Moment, in dem man fällt" - ob in die Scheiße oder auf die Fresse. "Es ist vorbei, Julimond", so empfahl sich einst Rio Reiser, dessen "König von Deutschland" nun auch schon in der Fernsehreklame genotzüchtigt wird (Schande über seine Erben!), als Prophet für die Zukunft des gesamtdeutschen Korruptpops. Hoffen wir, dass er Recht behält.
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