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die wahrheitSchwabinger Krawall

Ein ungehaltener Dieb.

In Kaufhäuser, hat Herr Hammler stets betont, gehe er grundsätzlich nicht hinein, weil er die Sachen, die man einem da anzudrehen versuche, weder brauche noch wolle. Einmal im Jahr muss er aber doch hinein, weil seine Frau Geburtstag hat, und wenn er in Schwabing etwas kauft, weiß sie am Ende früher als er selbst, was sie kriegt. Also ist er unentschlossen in den Abteilungen herumspaziert und hat sich für eine neue Gießkanne entschieden, weil sich seine Frau schon oft beschwert hat, die alte sei so voller Kalk, Schleim und Dreckzeug, dass es ihr jeden Tag beim Gießen grause.

Herr Hammler bezahlt, erklärt der Kassiererin, dass er weder Kunden- noch Payback-Karte besitze, weil er nicht wisse und auch nicht wissen wolle, was man damit anfangen solle. Dann kämpft er sich durch das Gewühl zum Ausgang, wo er furchtbar erschrocken ist, weil es plötzlich durchdringend zu pfeifen anfängt. Während er noch überlegt, bei wem er sich über den Lärmterror beschweren könnte, packt ihn ein Mann am Arm und sagt, er solle keinen Widerstand leisten. Herr Hammler erklärt, er leiste Widerstand, wann immer er das für nötig halte. Der Mann führt ihn in ein Kämmerchen, schüttelt den Kopf und meint, in seinem Alter müsse er doch wissen, dass Ladendiebstahl kein Kavaliersdelikt sei, und ob er kooperativ sein wolle. Herr Hammler sagt, er habe keine Ahnung, wovon die Rede sei, wolle jedoch über die Tatsache hinaus, dass er ein Produkt gekauft habe und Kaufhäuser insgesamt nicht ausstehen könne, keine Angaben machen.

Da ruft der Mann die Polizei und teilt dem eintreffenden Beamten mit, der Dieb sei renitent und nicht geständig, aber überführt. Was gestohlen worden sei, sei noch nicht bekannt, man werde also um eine Leibesvisitation nicht herumkommen. "Ausziehen", sagt der Polizist zu Herrn Hammler und fügt hinzu, wer nicht gestehe, der müsse eben "die Hüllen fallen lassen". Es sei ihm neu, brüllt Herr Hammler, dass unbescholtene Bürger heutzutage nackt herumlaufen müssten, um nicht ins Gefängnis zu kommen. Er werde sich dem bestimmt nicht fügen, weil sich so etwas nicht gehöre.

Der weitere Verlauf der Ereignisse ist nicht schlüssig nachzuvollziehen. Als Frau Hammler ihrem Mann am nächsten Morgen aus der Zeitung vorliest, aus einem Neuhausener Kaufhaus sei ein Ladendieb, der zuvor zur Tarnung eine Gießkanne erstanden habe, unter Mitführung der Kanne, des nicht bekannten Diebesguts und einiger Kleidungsstücke, ansonsten aber splitternackt, entflohen, wobei ein Sachschaden von 10.000 Euro entstanden sowie ein Polizeibeamter, ein Hausdetektiv und etliche zufällig anwesende Passanten leicht verletzt und erheblich beleidigt worden seien - da brummelt er, in einem Kaufhaus gebe es von gar nichts ein billiges Modell und er wolle von derlei aufgebauschter Sensationsmache grundsätzlich nichts wissen.

Am Nachmittag geht er los, kauft im Blumenladen ein Töpfchen Alpenveilchen und trägt die Gießkanne in den Keller, um sie beim nächsten oder übernächsten Geburtstag wiederzuverwenden.

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1 Kommentar

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  • M
    ;Moesenkalle

    danke für diesen text