die wahrheit: Psycho in Kenmare
Der Junge hing sehr an seiner Mutter. Er brauche keine Freunde, denn der beste Freund eines Mannes sei seine Mutter ...
..., sagte Nathan Whigham und fuhr Ende September mit Mutti in den Urlaub nach Malta. Dort erkrankte Gladys Whigham an Lungenentzündung und verstarb kurz darauf. Nathan ließ den Leichnam einbalsamieren und in einem versiegelten Sarg nach London-Gatwick ausfliegen.
Bis dahin war die Geschichte nicht besonders bemerkenswert, Gladys war immerhin schon 91, als sie starb. Sie sei eine völlig normale Frau gewesen, die völlig außergewöhnlich war, sagen ihre Freunde. Als ihr Mann Gillie, der an der Parkinson-Krankheit litt, im Sterben lag, sei sie jeden Tag mit seinem Lieblingssandwich ins Krankenhaus gekommen: Krabbensalat mit Ei. Nach seinem Tod arbeitete sie für die Parkinson-Gesellschaft in London als Generalsekretärin, Vorsitzende und Präsidentin. Sie soll dort viel Freude verbreitet haben, man werde sie vermissen.
Doch nicht nur die Leute von der Parkinson-Gesellschaft vermissten sie, sondern auch die englischen Behörden. Der 62-jährige Nathan, der eine Weile auf einem Kanalboot in den englischen Midlands gelebt hatte, bevor er 2008 wieder zu Mutti nach Putney zog, lud den Sarg nach der Ankunft in Gatwick in ein Mietauto und machte sich aus dem Staub. Anfang Oktober tauchten Mutter und Sohn in Kenmare in der südwestirischen Grafschaft Kerry auf, wo Nathan ein Haus mietete. Seine Mutter legte er im Schlafzimmer im ersten Stock ins Bett. Dort blieb sie zwei Wochen lang. Dann kam der Hausbesitzer, um die Miete zu kassieren. Nathan schickte ihn nach oben zu Gladys. Der entsetzte Hausbesitzer rief die Polizei. Die erklärte Nathan, dass er sich strafbar gemacht habe, weil er die tote Mutter bei der Einreise nicht zollamtlich angemeldet habe. Die Beamten gaben ihm vier Tage Zeit, den Leichnam unter die Erde zu bringen. Andernfalls werde er beschlagnahmt und ins Kühlfach gesteckt.
Als sich die Polizei vier Tage später nach dem Stand der Dinge erkundigen wollte, waren die Whighams verschwunden. Nachforschungen ergaben, dass sich Nathan bei den Einheimischen erkundigt hatte, ob es in der Gegend einen schönen Obstgarten gebe, wo er seine Mutter begraben könnte. Beim örtlichen Priester hatte er sich bitterlich über den fürchterlichen Sarg beklagt, in den man seine Mutter auf Malta gesteckt hatte. Der Priester gab ihm den Namen eines Bestatters, der sich um sie kümmern würde.
Der Bestatter, John Finnegan, erklärte der Polizei, er habe dem gramgebeugten Sohn geholfen, die Mutter in einen frischen Sarg zu legen und ihn im Auto zu verstauen. Dann sei Nathan davongefahren. Er sei sehr mutterfixiert gewesen, gab Finnegan zu Protokoll. Die Polizei vermutete, Nathan habe sich über Nordirland und Schottland nach England abgesetzt.
Diese Vermutung erwies sich als richtig. Vorigen Donnerstag spürte die englische Polizei Mutter und Sohn in Südengland auf. Nathan soll eine Frauenperücke getragen und unter dem Namen Bates ein Motel betrieben haben.
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