die wahrheit: Der homosexuelle Mann ...
… ist wieder zum Abschuss freigegeben. Von der deutschen Nachrichtenöffentlichkeit fast gänzlich unbeobachtet, hat die Vollversammlung der UNO ...
... in der vergangenen Woche eine Resolution verabschiedet, die außergerichtliche und willkürliche Exekutionen verurteilt. Mit einer Änderung: Wurde 2008 die Tötung von Menschen aufgrund ihrer "sexuellen Orientierung" noch ausdrücklich geächtet, ist dieser explizite Passus jetzt ersetzt worden durch "Diskriminierung aus jedwedem Grund".
Auf Antrag von Mali und Marokko votierten insgesamt 79 Länder für diese Korrektur, allen voran die üblichen homophoben Verdächtigen, afrikanische und islamische Staaten, dazu zwei europäische Bündnispartner in dieser kriminellen Vereinigung: Russland und Kasachstan. Mit dabei auch China sowie Südafrika, das im Jahr 2006 als erstes und bislang einziges afrikanisches Land die Homoehe erlaubte.
So also steht es weltweit um die Menschenrechte der Homosexuellen. Jeder Schutz, und war er oft auch nur von symbolischer Natur, ist wieder dahin, Lesben und Schwule dürfen weiter exekutiert werden, ohne dass ihre Mörder dafür irgendwelche Sanktionen zu befürchten hätten. Schließlich sind es weltweit noch sieben Länder, die die Todesstrafe für sexuelle Minderheiten vorsehen, und 72 weitere, die mit langjähriger bis hin zu lebenslanger Haftstrafe homosexuelle "Handlungen" ahnden.
Diese miserable Bilanz der Staatengemeinschaft verwundert nicht weiter, wenn man daran erinnert, dass sie erst 60 Jahre nach ihrer Gründung, im Dezember 2008, eine Erklärung gegen die Verfolgung von Homosexuellen verabschiedete, selbstverständlich nicht rechtsverbindlich und lediglich unterzeichnet von 66 der 192 Mitgliedsländer. Die USA übrigens stimmten erst ein Jahr später zu, nachdem Bush von Obama abgelöst wurde.
Nein, die Anerkennung von Homosexuellen und der Schutz ihrer selbstverständlichen Menschenrechte rangieren seit je schon immer weit hinten, ohne Bedeutung auf jedweder Agenda. Wenn denn die Zeit dafür noch bleibt, denken sich offensichtlich die politisch Verantwortlichen, und die gesellschaftliche Stimmung mal günstig steht, kann man sich auch darum kümmern. Die deutsche Außenpolitik entdeckte erst mit dem Antritt der rot-grünen Bundesregierung 1998 die Menschenrechtslage von Lesben und Schwulen. Seitdem habe sich einiges getan, behauptet die jetzige Regierung, die vor zwei Wochen ihre vorläufig letzte Bilanz dazu vorlegte:
Das Thema Strafbarkeit von Homosexualität, heißt es darin, werde gegenüber Regierungen aufgegriffen, "wenn dafür ein konkreter Anlass besteht". Und Budgethilfen gewähre man Partnerländern nur, wenn Mindestvoraussetzungen im Bereich der Menschenrechte gewährleistet seien. Außerdem arbeite man nicht mehr mit den Staaten zusammen, in denen Homosexualität mit dem Tode bestraft werde. Das ist gut gemeint und hält - mit Blick auf die jüngste UN-Resolution - niemanden davon ab, die Todeshatz auf Homosexuelle wieder zu verschärfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind