die wahrheit: Hobbit von Rassisten gefeuert?
Neues aus Neuseeland: Hobbits sind so ziemlich das Einzige, was Neuseeland alle Jahre wieder international in die Schlagzeilen bringt. Kein schweres Erdbeben,...
... keine 29 verunglückten Bergleute haben die gleiche mediale Sprengkraft wie die haarigen Breitfüßler aus Mittelerde. Und wenn dann noch der Ruch von Rassismus über Peter Jacksons neuestem Dreh schwebt, dann Maori-Götter bewahre - angesichts dieser Brisanz schreckt selbst der ehrwürdige britische Guardian nicht vor einem langen Essay zurück.
Ausgelöst wurde das als "Hobbit-Rassenkampf" kolportierte Drama durch Naz Humphreys, eine Britin pakistanischer Abstammung. Auf ihrem Langzeiturlaub im Land der langen weißen Wolke wollte sie sich das ultimative Touristenabenteuer gönnen: Statistin in einer Tolkien-Verfilmung sein. Schließlich ist das jährliche Weihnachtsritual der sozialpolitischen Forscherin, sich mit ihrem Mann die komplette "Herr der Ringe"-Trilogie reinzuziehen. Mit solchen Fans ist nicht zu spaßen.
Humphreys reiste eigens aus Auckland nach Hamilton und wartete drei Stunden, bis endlich die Besetzung der Statistenrollen begann. Und dann das. Ein Mitarbeiter der Filmproduktion teilte den rund 700 Hobbit-Anwärtern mit: "Wir suchen hellhäutige Leute. Ich bin nicht - was auch immer. Das ist einfach die Vorgabe. Ihr müsst wie Hobbits aussehen." Damit war die nicht arisch aussehende Engländerin ausgemustert. Von dem Skandal gibt es sogar ein Video. Was hätte Tolkien wohl dazu gesagt? War er gar selber ein Rassist? Laut dem "Complete Guide to Middle Earth" sind Harfoots die häufigsten Hobbits und "brauner" als andere Sorten. Fallohides, die sich in Hobbiton tummeln, haben dagegen "hellere Haut".
Mit ihren anderthalb Metern war Naz Humphreys immerhin kurz genug für die Ausschreibung, in der es eine Größenbeschränkung gab. Dieses Ausschlusskriterium müsste zwar jeden Langwüchsigen in die Arme von Amnesty International treiben, aber laut Naz Humphreys wurden nur in ihrem Fall die Menschenrechte von Mittelerde mit den Füßen getreten.
"Offensichtlich sind Hobbits nicht braun oder schwarz oder von anderer Farbe. Sie sehen alle homogenisiert beige aus und entstammen alle dem kaukasischen Gen-Pool", wetterte sie auf ihrer eigens dafür eingerichteten Facebook-Seite namens 'Hire Hobbits of all colours! Say No to Hobbit racism!' (Heuert Hobbits aller Hautfarben an! Sagt Nein zum Hobbit-Rassismus!) Immerhin seien es ja nicht nur Weiße, die sich "Der Hobbit" anschauen würden. Kampf dem Eurozentrismus - nieder mit dem kulturellen Imperialismus!
Nicht nur der Guardian, auch Peter Jacksons Filmproduktion und die neuseeländische Menschenrechtskommission nahmen die Klage ernst. Man distanzierte sich von aller diskriminierender Praxis. Der Casting-Manager wurde für seine heikle Aussage gefeuert. Und Naz Humphreys? Behauptet jetzt, der Hobbitaufstand sei nur ein Scherz gewesen, nie für die Öffentlichkeit gedacht. Die Facebook-Seite hat sie gelöscht. Und an Weihnachten hat sie wieder die Trilogie geschaut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter