die wahrheit: Midsommar in Arabien
Das schwedische Möbelhaus Ikea will sich international neu aufstellen. Gemäß der Unternehmensphilosophie plane man, verstärkt...
..."auf den Einrichtungsbedarf der Menschen auf der ganzen Welt" zu reagieren, sagt Expansionschef Billy Klippan bei einem Hintergrundgespräch. "Es ist unsere Vision, den vielen Menschen einen besseren Alltag zu schaffen. Menschen mit verschiedenen Bedürfnissen, Geschmäckern, Träumen, Zielen und unterschiedlich großen Geldbeuteln."
Noch bis Ende dieses Jahres will sich der Konzern in Regionen des Erdballs etablieren, deren Märkte bislang noch völlig unerschlossen sind. "Die Freiheitsbewegungen in der arabischen Welt und der erfolgreiche Kampf gegen den Terror eröffnen uns paradiesische Möglichkeiten", so Klippan.
Bereits Ende August steht die Eröffnung des ersten Einrichtungshauses in der tunesischen Hauptstadt Tunis an. Es folgen Filialen im ägyptischen Scharm al-Scheich sowie in der libyschen Metropole Tripolis. Sogar in Afghanistan, im Irak und auch im Iran will Ikea expandieren, über mögliche Standorte werde derzeit verhandelt. "Es gibt noch viele weiße Flecken auf der Landkarte, wo wir bisher nur in Form von Homeshopping vertreten sind", erklärt der Ikea-Chef.
"Unser Ziel ist es, auch in schwer zugänglichen Regionen näher an den Kunden zu sein." Diktatorische Herrschaftsformen oder radikale Weltanschauungen dürften dem nicht im Wege stehen: "Unser Konzern hat bereits in seinen Filialen in China, Russland und Österreich gute Erfahrungen mit zweifelhaften Regierungen gemacht. Wir sind so flexibel wie unser Schreibtischsystem ,Galant', wenn Sie den kleinen Scherz erlauben."
Mit einem Investitionsvolumen von insgesamt mehr als 750 Millionen Euro und Hunderten neu geschaffenen Arbeitsplätzen sei die wirtschaftliche Bedeutung der neuen Möbelhäuser allein in den arabischen Ländern erheblich. Damit der Erfolg von Dauer ist, will Ikea die dortigen Verbraucher mit Angeboten ködern, die rasch Vertrauen wecken und genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Das Zeug zum Verkaufsschlager haben Klappsofa "Kopten", Fußmatte "Khomeini", das Rebellenbesteck "Vandale" aus strapazierfähigem Kunststoff und die edle Bettwäsche "Hamast" mit Gazastreifen. Im Restaurant werden die allseits beliebten Hackbällchen - selbstverständlich ohne Schweinefleisch - der Einfachheit halber in "Hisbollar" umbenannt.
Benno Gutvik ist von dem Konzept überzeugt. Der bisherige Leiter der Ikea-Filiale in Berlin-Lichtenberg soll das Know-how einbringen, das er bei der speziellen Ausstattung von Plattenbau-Wohnungen mit sehr kleinen Zimmern gesammelt hat. "Der Araber an sich lebt ja meist auf engem Raum, da sind acht Leute auf fünf Quadratmetern nichts Ungewöhnliches. Von Afghanistan ganz zu schweigen, das sind Höhlenbewohner, die nie ein Schubladenelement gesehen haben. Da müssen Sie in völlig neuen Dimensionen denken."
Wegen möglicher Anschlagsgefahren macht sich Gutvik keine Sorgen: "Das neue Sicherheitssystem ,Observatör' mit der schwenkbaren Folterbank ,Rationell', der Aufhängevorrichtung ,Svärelös' und dem Steinigungs-Einsteiger-Set ,Duktig' sorgt für optimalen Schutz. Außerdem hat Ikea erst in jüngster Zeit selbst Erfahrungen mit Sprengsätzen gemacht. Und was ist passiert? Ein, zwei Knalltraumata. Ich bitte Sie, da lacht der Araber drüber."
Um Synergieeffekte bei der Werbung für die neuen Filialen zu erzielen, hat das Unternehmen bereits auf der italienischen Insel Lampedusa "schon vom Mittelmeer aus gut sichtbare" Plakatwände aufgestellt, erklärt Expansionschef Klippan. Darauf ist ein Inbusschlüssel abgebildet mit dem Schriftzug "Deine Karriere bei Ikea - der Schlüssel zum Glück" in verschiedenen Sprachen.
Auf diese Weise sollen Flüchtlinge aus Tunesien und Libyen zur Heimreise bewogen werden, erläutert Klippan. "Etwas Besseres als den Leuten zu sagen, dass wir ihnen in ihrer Heimat Arbeit geben, können wir doch gar nicht tun. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass in Europa - unserem nach wie vor wichtigstem Markt - das Kundenprofil berechenbar bleibt. So werden wir unserer Verantwortung für die globale Gesellschaft gerecht." Unter allen freiwilligen Rückkehrern verlost Ikea übrigens fünfzig Fertigzelte aus der Reihe "Boklok" ("Clever wohnen"). Ausreiseschluss ist der 30. Juni 2011.
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