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die taz vor fünfzehn jahren über ein raf-papier aus dem untergrund

Das Interesse, die andere Seite zu verwirren, auf falsche Spuren zu locken, ist durchaus gegenseitig und ausgesprochen ausgeprägt. So sollte man das neue Pamphlet lesen und nicht glauben, man wüßte nun mehr über die Untergrundgruppe der RAF als zuvor.

Trotzdem enthält das Papier einen neuen, beinahe sensationellen Kern. Entkleidet von der unvermeidlichen Feind-Propaganda, signalisiert das Schreiben nämlich vor allem eines: Das Entspannungs-Signal, das kürzlich mit der öffentlichen Debatte über die Freilassung einer ganzen Reihe von Gefangenen in Richtung Kommandoebene der RAF losgeschickt wurde, ist dort angekommen. Und es ist sehr wohl verstanden worden. Die Absender des Briefs interpretieren die Debatte über den Bad Homburger „Kronzeugen“ als möglichen Angriff gegen die Fraktion im Sicherheitsapparat, an deren Spitze sich Justizminister Kinkel gestellt hat. Ähnliche Analysen und Befürchtungen waren in den vergangenen Tagen auch in diversen Presseorganen nachzulesen.

Erstmals akzeptiert die RAF damit, daß es im Apparat unterschiedliche Fraktionen gibt. Mehr noch, sie schlägt sich sehr deutlich auf die eine Seite und warnt indirekt davor, den eingeschlagenen Weg wieder zu verlassen. Ganz nebenbei demonstriert die Untergrundgruppe der RAF mit ihrer Wortmeldung zum jetzigen Zeitpunkt Selbstbewußtsein. Man fühlt sich durch den aktuell entfachten Fahndungsdruck offenbar nicht sonderlich bedroht. Es wird nicht mal der Versuch unternommen, den eigenen Aufenthalt innerhalb der Landesgrenzen zu verschleiern. Man liest Zeitung und kommentiert öffentlich das Gelesene.

Klaus Kinkel hat kürzlich – prophylaktisch – erklärt, er rechne mit einem neuen Attentat. Die Gefahr scheint vorerst gebannt – solange die Bemühungen um eine Entspannung im Knast weitergehen.

Gerd Rosenkranz in der taz vom 28. 1. 1992

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