die stimme der kritik: Betr.: Die neuen it-Aktien
DAS OUZO-IMPERIUM
Haben Sie schon gehört? Herbert Weckbacher (44) geht im Herbst an die Börse. Dem Shootingstar im Frankfurter Einzelhandel – private sellout – gehören drei Wasserhäuschen in Bornheim (für Norddeutsche: drei Kioske). Herbert ist Monopolist im Viertel, denn an drei weiteren points of sale ist er mehrheitlich beteiligt; und die von ihm beschäftigten – billigen – Griechen spuren. Herbert verkauft inzwischen mehr Ouzo als Doppelkorn. „Da ist die Gewinnspanne größer“, sagt er.
Die Branche boomt. Und bei Herbert ist das Lager in einem Bunker im Viertel randvoll: Bier und „Jägermeister“ satt aus polnischen Beständen (billig). Und das „Stöffche“ (Apfelwein) aus dem Maintal wird – frisch gekeltert vom Onkel – in Dörnigheim zwischengelagert. „Just in time“ könne das ganze Zeug rangeschafft werden, sagt Herbert. „Geschluckt wird doch immer“, weiß Herbert. Seine zukünftigen Aktionäre seien unabhängig von den Turbulenzen an den Weltbörsen. Denn: „Wenn der Nikkei in den Keller geht, sinkt vielleicht der Preis für Reisschnaps.“ Aber das könne ihm und seinen zukünftigen Aktionären doch nun wirklich „piepenhagen“ sein. Und wenn der Ouzo-Preis fällt? Herbert kennt sich aus: Einen Crash in Griechenland könne es überhaupt nicht geben, weiß Herbert, „da gibt’s doch gar keine Börse!“
Und wo will er die Aktien seiner Firma platzieren? „Am Neuen Markt (NM) natürlich“, sagt Herbert. Herberts Trinkhallen? Am Neuen Markt? Herbert weiß, dass das nicht funktioniert. „InternTank“ (it) werde sein Unternehmen bald heißen, sagt Herbert triumphierend. „InternTank vor dem Börsengang. Die it-Aktie kommt.“ Herbert träumt schon: von den Schlagzeilen in FAZ und Wirtschaftswoche. „Darauf noch einen Ouzo“, sagt er. Eine Partnerbank für seinen Börsengang hat er auch schon gefunden: die Dörnigheimer Volksbank. Und die Sicherheitsleistung? 3.000 Fässer „Stöffche“ – hellgelb. Herbert rechnet mit einer Preisspanne von 35 bis 40 Euro pro it-Aktie. „Eher 40“, sagt er dann bestimmt. Die Stammkundschaft übrigens soll Stammaktien zum Vorzugspreis erwerben dürfen. Die Dividende wird dann in Hütchen ausgeschüttet – an allen InternTank-Stellen. Mehr Infos? www.interntank.de.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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