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die stimme der kritikDer Boulevard, die Spaßgesellschaft und die Suche nach dem Bundestrainer

Warum nicht Yogi Löw?

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, wissen wir alle. Eine neue Fußballregel aber lautet: Nach dem Spiel ist nur dann schön, wenn es verloren gegangen ist. Richtig schön sogar. Gefreut haben wir uns alle auf die EM, selbstredend. Doch so richtig wie die Hölle gefreut haben wir uns auf das, was nach dem Ausscheiden unserer Jungs kommen würde: die Suche nach dem neuen Trainer. Wussten wir doch genau: Ribbeck muss weg, wie man unter uns Boulevardzeitungslesern sagt, und ein neuer Trainer her.

Das brachte vor zwei Jahren schon großen Spaß, als der DFB endlich die Regeln der Spaßgesellschaft befolgte, Ribbeck als siebtbeste Lösung präsentierte und damit den Boden für noch größeren Spaß bereitete: „Wir stehen genau so da wie vor zwei Jahren!“, weiß dieser Tage also unser Lieblingsboulevardblatt B.Z. Ein schöner Scheiß, ein großer Spaß. Und die Gelegenheit für große Auftritte: „Finke muss ran!“ titelten also diese Woche auch wir, die taz, auf der ersten Seite (darunter geht da gar nichts), und der Witz dabei ist, dass genau das kein Witz ist: Wir meinen das ernst! Was aber Volker Finke nicht so witzig findet: Er stehe nicht zur Verfügung, zitiert ihn zumindest die B.Z.

Und wir meinen, zumindest an dieser Stelle, dass das bei aller Liebe für den SC Freiburg, das Kurzpassspiel und den modernen Fußball auch gut so ist: Denn immer wieder „nonkonform“, immer wieder die Geschichten vom Brilli im Ohr, von den Selbstgedrehten? Vor Leuten wie Finke haben uns schon unsere großen Brüder gewarnt (hätte er doch in den Siebzigern wenigstens die Stooges gehört!). Okay, trotzdem, Finke ist ein großartiger Trainer. Was uns unser Finke, ist der B.Z. ihr Röber, und die schlagzeilte gestern: „Beckenbauer will Röber als Bundestrainer“, stellte aber auch die Frage: „Sollen wir ihn für die Flaschen hergeben?“ Gut gebrüllt, Wagner! Und hinten im Blatt fragbrüllt er dann: „Warum nicht Klinsi?“ Ja, warum eigentlich nicht? Ihren Calmund hat die B.Z. jedenfalls verstanden, der sagt auch immer Trapattoni und schützt Daum. Und auch das Darmstädter Echo diskutiert lieber über Daum, Hitzfeld oder Rehhagel als über Eckhardt Krautzun. Aber: Auch Finke muss schließlich irgendwo geschützt werden. Also, mal ganz nebenbei gefragt: Warum nicht Yogi Löw?

GERRIT BARTELS

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