piwik no script img

die stimme der kritikBetr.: Reform der Bundeswehr

Die Liebe des Mannes zum Mann zählt

Das bundesdeutsche Verteidigungsministerium hat eine Idee hervorgebracht: Verheiratete Männer sowie Homosexuelle, die in einer standesamtlich eingetragenen Partnerschaft leben, sollen künftig grundsätzlich ausgemustert und nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen werden.

Ist das gut? Ist das schlecht? Jedenfalls ist es überraschend. Seit wann ist dem Militär die Liebe zwischen zwei Menschen so heilig, dass ein Generalstab darauf verzichtete, der Frau ihren Mann zu nehmen? Damit aber nicht genug. Seit wann ist dem Generalstab die Liebe zwischen Männern heilig? Ganz direkt geht es um zwei Probleme. Die Bundeswehr hat zu viele Soldaten. Das jedenfalls findet die Bundeswehr. Wer das auch schon immer fand und gegen die Bundeswehr ist, den muss diese Nachricht misstrauisch machen. Was steht dahinter? Dahinter steht das zweite Problem der Bundeswehr. Es gibt zu viele dumme Soldaten. Nach der so genannten Wiedervereinigung kam auf die Bundeswehrtruppe noch ein ganzer Haufen der Nationalen Volksarmee der DDR obendrauf. Deren Soldaten vereinigten sich mit ihren faschistischen Klassenfeinden. Alle waren glücklich. Heterosexuelle Soldaten, homosexuelle Soldaten, verheiratete und unverheiratete.

Inzwischen haben nun auch Frauen für sich das Recht erkämpft, als Soldatin an der Waffe ausgebildet zu werden. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da das deutsche Heer kleiner statt größer werden soll. Pech für diese Frauen. Zumal sie, strategisch gesehen, besser als heiratswillige Masse den Nichtsoldaten zur Verfügung stehen sollten.

Dass die Bundeswehr auf diese Weise zur sittlich-moralischen Erneuerung der deutschen Gesellschaft beitragen will, ist ein Gerücht und dem Generalstab im Prinzip egal. Zivilisten sind Militärs egal. Die obersten Uniformträger der Bundeswehr wünschen sich ein handverlesenes Berufsheer von 200.000 Mann. Eine Elitetruppe von Männern, die Kasernen lieben, Offizierskasinos, Kommandos und Drill – und nicht irgendeinen Mann oder irgendeine Frau. Nichts gilt dem Militär so viel wie die Liebe des Mannes zum Mann überhaupt.

Das mag Sie überraschen. Das ist aber so. Die Liebe des Mannes zum Führer, zum Kameraden, zum obersten Kriegsherren. Ja, sogar zum Feind, mit dem er sich in Friedenszeiten bei Veteranentreffen vereinigt oder auch einfach, weil sich gerade der Befehl von oben geändert hat.

Auf dieser Unterwerfung des Mannes unter den Mann ist das militärische System aufgebaut. Konsequenterweise kann eine soldatische Elitetruppe im Grunde sich nur zusammensetzen aus latent homosexuellen Männern. Homosexuelle, ungebundene Männer, die nicht in einer standesamtlich eingetragenen Partnerschaft mit einem anderen Mann leben, und schon gar nicht in einer Scheinehe mit einer Frau. Bis zum Jahre 2010 könnte die Bundeswehr endlich rein homosexuell darstehen. Was für ein schönes Coming-out.

VIOLA ROGGENKAMP

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen