die spanische Woche der Wahrheit: Die Nichtraucherpfeifen
Kataloniens Vernichtungsfeldzug gegen Zigaretten.
In Spanien, erzählt mein Kumpel Berry, der aus irgendwelchen Weibergründen oder wegen äußerst "kniffligen", wie er sagt, Verhandlungen und Unterredungen "in Sachen Industrieverbindungen" pausenlos da unten in Spanien herumfuhrwerkt und rummacht, dass es bloß so kracht, - in Spanien, sagt mein Kumpel Berry, sei das mit dem Rauchen nicht das geringste Problem. "In Spanien, mein Freund, da kannste noch rauchen, bis die Feuerwehr kommt!", sagt er und schränkt dann aber ein: "Nur im eigentlichen Spanien! Nicht in Katalonien! In Katalonien und vor allem in diesem Hundenest Barcelona - o Gott, mein Freund, da musst du dich ganz warm anziehen!"
Auf Teneriffa und Mallorca indessen, sagt Berry, sei das Rauchen, "das vorbildliche Dauerrauchen, wohlgemerkt", sei das Rauchen ein Volksvergnügen für Jung und Alt und Mann und Weib gleichermaßen. Was dort mit der größten Selbstverständlichkeit in Sachen Tabakgenuss und -verbrauch praktiziert werde, finde seine totale Zustimmung, ja sei wahrlich nachahmenswert und suche "in dieser widerwärtigen EU" seinesgleichen, meint Berry.
In Spanien trat Anfang 2006 ein Gesetz in Kraft, das gastronomische Betriebe mit einer Fläche von mehr als hundert Quadratmetern verpflichtet, einen Raucherraum einzurichten. Wirte von Lokalen, die kleiner sind, können selbst entscheiden, ob sie Nichtraucher reinlassen oder nicht. "Ich weiß nicht, nach welchen Regeln geraucht werden darf und nach welchen nicht", heißt es zwar in einem Spanien-Internetblog, in dem sich ahnungslose deutsche Spanienurlauber tummeln, doch mein Kumpel Berry stellt klar, wo der Hase langläuft.
"Auf Teneriffa bin ich neulich morgens in ein Café, an dessen Tür so ein seltsames Piktogramm klebte, du weißt schon, irgendwie rot und mit Zigarette und so. Am Tresen hingen ziemlich viele Spanier rum, und die haben natürlich gequarzt wie die Russen. Ich hatte mir gerade eine angesteckt, als ein Bulle den Laden betrat. Ich hab meine Kippe sofort auf den Boden fallen lassen und an die Decke geguckt", erzählt Berry ein wenig beschämt. "Dann stellte sich der Bulle neben mich, zog eine Packung Fluppen aus der Hosentasche, orderte einen Kaffee mit Cognac und bot mir eine an. So läuft das im richtigen Spanien, mein Freund!"
In Katalonien herrsche hingegen die rigideste, die fürchterlichste Tabakfeindschaft, fährt Berry fort, da gehe es zu, dass es einen grause, da lebe es sich mittlerweile schlimmer als unter Franco und Hitler zusammen. Man solle in Barcelona mal versuchen, eine Gaststätte zu finden, die die Nichtraucher des Hauses verweise. "Praktisch unmöglich! Überall machen sich diese Nichtraucherpfeifen breit, diese katalanischen Genussverweigerer, diese verschrumpelten Mineralwasserabhängigen. Ein Vernichtungsfeldzug gegen die Zigarette wurde da angezettelt! Und das in dem Land, in dem die Zigarette erfunden wurde!"
Katalonien, dieser allem Anschein nach minderwertigste aller europäischen Landstriche, ist fürwahr eine Schande für die Welt, für die zivilisierte Menschheit. Während die Regionen Madrid, La Rioja und Castilla die noch keine zwei Jahre alten gesetzlichen Regelungen der Raucherfrage jüngst wieder so weit entschärft und humanisiert haben, dass sich ihre Bestimmungen in friedlich und anmutig kräuselndem Rauch auflösen, "soll das Rauchergesetz in Katalonien verschärft werden und das Rauchen auch in Gaststätten unter hundert Quadratmetern Fläche verboten werden", wie nachzulesen ist. "Eine entsprechende Regelung ist in Arbeit und könnte im Juni 2008 in Kraft treten."
"Klar", sagt Berry, "so ist der Katalane, der Katalonier. Nur Gauditürme und Menschentürme und Fürztürme im Kopfe. Das bringen die! Die werden das Gesetz bringen! Die sollen doch endlich unabhängig werden und ihre bescheuerte katalanische Nichtraucherluft selber atmen! Ich werde diesen Fitnessfaschisten keinen Lungenzug mehr gönnen, ich atme in Katalonien nicht mehr!", schnauft Berry und entfacht eine fette Ducados.
Wohin ich demnächst mal wieder nicht fahre, ist mir jetzt irgendwie ziemlich klar.
JÜRGEN ROTH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!