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die sieben säulen der einfalt

von KARL WEGMANN

Im Scheibenspieler rotiert Ryan Adams und behauptet „Hell, I still love you, New York“. In der Glotze läuft schon seit Wochen CNN ohne Ton. Gerade sehen wir wieder eine dieser AC-130 Gunship aus allen Rohren in einen nächtlichen Himmel ballern. „Go, go, go“, brüllt Hermann und: „kill, kill, kill“. Und Willy setzt ein ernstes Gesicht auf und sagt: „Gott sei den Männern gnädig, die in diesem Feuer liegen“. Bernd erwidert: „Es sind Türken“. Willy darauf: „Gott behüte sie trotzdem“.

Ich schau mir die beiden an und sage: „Dialog zwischen Omar Sharif und Peter O‘Toole, nicht schlecht. Kennt ihr eigentlich den ganzen ,Lawrence von Arabien‘ auswendig?“ Beide nicken. Hermann meint: „Lawrence war auch mal mein Lieblingsfilm, so ungefähr 18 Jahre lang.“ – „Was ist passiert“, frage ich. Hermann zuckt mit den Schultern: „Ich habe ,Das Piano‘ gesehen“.

Während ich noch darüber nachgrüble und Willy in Barbers „Coca Cola und Heiliger Krieg“ blättert, fragt Bernd: „Glaubt ihr, diese ganzen Politiker, die jetzt den Kadavergehorsam fordern, haben Lawrence‘ Buch ,Die sieben Säulen der Weisheit‘ gelesen?“ – „Einige schon“, meint Willy, „schließlich ist es das beste Buch über den Partisanenkampf und über Guerillataktik.“ – „Also Joschka hat das Buch bestimmt gelesen“, schalte ich mich ein, „schließlich ist die Kernaussage von Lawrence doch ,immer nur Flanken und keine Front‘ zu schaffen, genauso agiert der gute Joschka doch schon seit über 30 Jahren.“ Alle nicken ernst. „Und Scharping“, fragt Hermann, „ob der auch ,Die sieben Säulen‘ gelesen hat?“ Schallendes Gelächter.

Später legt Willy die neue Bob Dylan auf, aber die passt nicht, ist irgendwie zu fröhlich. „Wisst ihr eigentlich warum ,Lawrence von Arabien‘ so ein toller Film ist“, will Bernd wissen und beantwortet die Frage gleich selbst: „Weil da keine Frauen mitspielen. Frauen haben im Kriegsfilm nichts zu suchen.“ – „Das ist absolut richtig“, bestätigt Willy. „Aber die Amis haben doch auch Frauen im Kriegseinsatz“, werfe ich ein. „Das schon“, sagt Willy, „aber es steht geschrieben: du sollst niemals eine tote Soldatin sehen. Stellt euch mal vor, damals in Somalia hätten sie anstatt dieses toten, nackten GIs eine tote, nackte Hubschrauberpilotin durch die Straßen geschleift. Oder stellt euch vor, sie würden das heute in Kabul machen. Die Popularitätswerte des kleinen giftigen Texaners würden um 20 Punkte fallen, mit der Kriegslust in La-La-Land wäre es schlagartig vorbei. Deshalb werden wir niemals gekillte Soldatinnen sehen. Es sei denn, dieser arabische Fernsehsender erwischt mal eine.“ – „Aber in Hollywood hat’s schon gefallene Soldatinnen gegeben“, wende ich ein, „da war doch dieser Film mit Meg Ryan und wie hieß sie doch gleich . . .“ – „Also das ist nun wirklich blöd“, ereifert sich Willy, „wenn wir eins gelernt haben, dann doch wohl, dass Hollywood immer, wirklich immer schon früher da war.“ Damit hat er selbstverständlich recht.

Dann glotzen alle wieder CNN. „Glaubt ihr, da passiert noch mal was“, frage ich. „Ist doch egal“, sagt Hermann, „ist doch eh alles schon auf Video.“

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