die schmutzhose von JOACHIM SCHULZ :
Dass sie im fahlen Schein eines Unsterns hergestellt worden sein muss, daran besteht kein Zweifel. Möglicherweise hatte es wie so häufig Krach auf dem Olymp gegeben. Boss Zeus hatte sich wieder einmal unsterblich verliebt in irgendeine Schönheit. Und wie üblich raste Hera vor Zorn. Was aber konnte sie tun, um ihren Brast abzureagieren? Ihr Gatte genoss göttliche Immunität, also richtete sie all ihren Zorn auf Josep Puig i Mateu, den Vater der Schönheit, den Meister der feinen Kleidung, den Herrn der Hosen – und das hatte leider auch Konsequenzen für jemanden im fernen Deutschland: mich.
Denn Josep Puig i Mateu ist Näher von äußerst schönen Leinenhosen, und just in dem Moment, in dem Hera seine Arbeit verfluchte, legte er letzte Hand an das Stück, das ich ein paar Wochen später in seinem kleinen Laden kaufen sollte.
Wenn Menschen notorisch vom Unglück heimgesucht werden, nennt man sie Pechvögel. Wie aber lautet die Entsprechung für Beinkleider? Schwefelhose? Ich weiß es nicht, doch schon wenige Stunden nach dem Kauf stellte die Hose ihr magisch-magnetisches Potenzial unter Beweis. Die Liebste und ich waren zu Gast bei ihrer Tante Carmen und ihrem Onkel Juan in Barcelona. Selbstverständlich hatte die Tante zu unserer Begrüßung ein Festmahl gekocht. Kaum aber perlte der Sekt in den Gläsern, kaum dampfte die Vorspeise in Form von gekochtem Mangold auf den Tellern, da geschah es: Onkel Juan fragte nach Brot, und ich wollte es ihm reichen, stieß aber dabei mein Sektglas um, sodass sich dessen Inhalt auf meinen Teller ergoss. Der Mangold schwappte auf der gegenüberliegenden Seite über den Tellerrand und – klatsch! – färbte meine neue Hose vom Bund bis zu den Knien grün.
Die satte Kolorierung ließ sich mithilfe von Tante Carmens Kenntnissen auf dem Feld der Fleckenentfernung beseitigen; die seltsame Verschmutzungsneigung der Hose jedoch blieb davon unberührt: Wenn ich sie anzog, war sie binnen kurzem besudelt, und es nützte überhaupt nichts, wenn ich sie zum Essen ablegte und stattdessen nackt aß. Was ich zwar nicht tat, aber es nützte ja sowieso nichts. Sobald ich die Hose anhatte, war es geschehen.
Selbst beim Brötchenholen handelte ich mir ein paar undefinierbare blaue Kleckse ein. Als ich aus der Bibliothek zurückkehrte, hatte ich einen grau gesprenkelten Hosenboden. Ich brachte es sogar fertig, mir den Saum mit Fahrradschmiere zu verdrecken, ohne überhaupt selber Rad gefahren zu sein. Meistens aber gelang es mir nicht mal, mit sauberer Hose bis aus dem Haus zu kommen, da sie schon beim Anziehen einige Schmuddeltupfen bekam.
Schließlich zog sich die Hose Flecken zu, die ganz und gar unerklärlich waren, denn sie hing doch nur, frisch gewaschen, zum Trocknen auf der Leine. Ich hatte endgültig genug: Ich knüllte sie zusammen und wollte sie schon in den Mülleimer stopfen, überlegte es mir dann aber noch einmal anders. Ich zerschnitt sie in Streifen und wurde so am Ende doch noch glücklich mit ihr. Denn nie ließ sich schneller, effektiver und gründlicher putzen als mit den Lappen, die ich aus der schmutzmagnetischen Hose von Josep Puig i Mateu gewann.