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die sache istDer Weckruf des Anden-Pumas

Ein Museum beleuchtet die fragwürdige Herkunft mancher Exponate

Foto: Landesmuseum Hannover

In Schamanen- und Esoterikkreisen gilt der Puma bis heute als Krafttier. Aber schon in der präkolumbischen Tiahuanaco-Kultur im heutigen Bolivien stand er für Stärke und Weisheit. In Hannover soll er jetzt eine Debatte über Provenienzen initiieren: „Status quo Museum? Ein Puma zwischen den Welten“ heißt eine Kabinettssausstellung im Niedersächsischen Landesmuseum – ihr Thema: der illegale Handel mit Kulturgütern aus Südamerika. Ihr zentrales Exponat: ein kleiner Puma aus Vulkangestein. Erworben wurde er 1971 illegal an der riesigen Grabungsstätte Tiahuanaco, einem Ort, der um 300 v. Chr., noch vor den Inka, kulturelles und spirituelles Zentrum der Aymara-Kultur war und später wohl infolge einer Dürreperiode zugrunde ging.

Erhalten ist von der einst prächtigen Stadt nur Unsortiertes: Seit der Kolonialzeit dienten Siedlung und Tempelanlagen als Steinbruch, sie wurden für Bahnlinien gesprengt, auch schlicht geplündert – bis Boliviens Regierung dem in den 1960er-Jahren Einhalt gebot.

Der hannöversche Puma ist Symbol solcher Raubzüge. Über Zwischenhändler kam er nach Europa – und 2023 als Geschenk ins Museum. Eine Ausfuhrgenehmigung für die Figur gab es wohl nicht. Warum also nahm man die Schenkung überhaupt an? Auf genau solche Fragen zielt die Ausstellung. Würde der Puma am Ende zurückgegeben, wäre er nicht das allererste präkolumbische Objekt, das Niedersachsen restituierte: 2021 wurden zwei Tonfiguren der Teotihuacan-Kultur an Mexiko erstattet. Sie waren online angeboten und von der Polizei sichergestellt worden. Diese Objekte waren also noch nicht bis ins Museum gelangt.

Dass die Häuser Grenzen ziehen können, zeigt etwa das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg: Es kauft keine Objekte ohne Ausfuhrgenehmigung mehr. Bundesweit fehlt eine solche Regelung. Auch Auktionshäuser lavieren, berufen sich auf das private „Art Loss Register“: Ist ein Objekt dort nicht gelistet, gilt es als unbedenklich. Weil aber die Raubzüge teils jahrzehntelang zurückliegen, ist das kein Garant.

Ausstellung „Status Quo Museum? Ein Puma zwischen den Welten“: bis 31. 3., Landesmuseum Hannover.Kurator*innen­führung mit Louisa Hartmann (wissenschaftliche Volontärin Provenienzforschung): 24. 1. und 21. 2., jeweils 14 Uhr

Mexiko scheiterte im Jahr 2021 mit einer Klage gegen die Versteigerung präkolumbischer Kunst in München. Aber so wie manche afrikanischen, werden auch mittel- und südamerikanische Staaten wacher, was diese Fragen angeht. Bald werden sich Europas Museen und Auktionshäuser diesem Thema stellen müssen. Petra Schellen

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