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die nachrichtPolnische Opposition ruft zum Widerstand gegen PiS auf

Die nationalkonservative PiS-Regierung versucht weiterhin das Justizsystem zu ihren Gunsten umzubauen. PiS-Gegner rufen zu einer Großdemonstration dagegen auf

Das Neue

In Polen wächst der Widerstand gegen ein von der nationalkonservativen Regierungspartei PiS geplantes Gesetz zur Disziplinierung von Richtern. Der ehemalige EU-Ratsvorsitzende und frühere polnische Regierungschef Donald Tusk rief am Sonntag zu Demonstrationen gegen das Vorhaben auf. Ex-Staatspräsident und Solidarność-Anführer Lech Wałęsa kündigte an, er werde sich selbst an die Spitze der Bewegung stellen, sollte die PiS das Justizsystem zerstören.

Der Kontext

Seitdem die PiS mit ihrem Parteivorsitzenden Jarosław Kaczyński 2015 die Macht in Polen erlangt hatte, initiierte sie mehrere umstrittene Justizreformen. PiS-Gegner sehen die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Gefahr. Die EU-Kommission hat bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren eröffnet und Klagen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) erhoben.

Neu befeuert wird die Debatte nun durch einen Gesetzentwurf, den die PiS-Fraktion vergangene Woche ins Parlament eingebracht hat. Er sieht vor, Richter disziplinarisch zu belangen, wenn sie „das Dienstverhältnis oder die Gültigkeit der Ernennung eines Richters“ infrage stellen. Ihnen ist auch untersagt, sich politisch zu betätigen. Halten sie sich nicht daran, droht eine Herabstufung oder gar die Entlassung aus dem Dienst. Mit ihrer absoluten Mehrheit könnte die PiS das Gesetz leicht durchs Parlament bringen. Es ist offensichtlich, dass die PiS-Regierung damit die EU-Vorgaben unterlaufen will.

Die Reaktionen

„Niemand in Europa wird stärker für die Unabhängigkeit des Gerichtswesens kämpfen als die Polen selbst“, sagte der frühere polnische Ministerpräsident Tusk dem Sender Radio Zet. Es sei eine „Bürgerpflicht“, das polnische Justizwesen vor Zerstörung zu bewahren. Führende einstige Aktivisten der Solidarność-Bewegung kritisierten in einem offenen Brief das Gesetzesprojekt als „Maulkorb für polnische Richter“.

PiS-Chef Jarosław Kaczyński hingegen rechtfertigte das Vorhaben. „Ich hoffe, dass es gelingen wird, mit diesem Projekt die Sprengung unseres Justizsystems zu stoppen“, sagte er der Nachrichtenagentur PAP. Was in den vergangenen Wochen dort geschehen sei, gleiche schon „Anarchie“. Er spielte damit darauf an, dass das Oberste Gericht eine von der PiS-Regierung eingerichtete neue Disziplinarkammer für nicht rechtens erklärt hatte. Die Präsidentin des Obersten Gerichts hatte die Richter dieser Kammer aufgefordert, keine Urteile mehr zu fällen.

Die Konsequenz

Inwieweit die polnische Bevölkerung hinter der Opposition steht, wird sich in ein paar Tagen zeigen. Für den Mittwoch hat das außerparlamentarische „Komitee zur Verteidigung der Demokratie“ (KOD) zu einer Demonstration gegen die PiS-Regierung aufgerufen. Voraussichtlich im Mai oder Juni werden zudem in Polen Präsidentschaftswahlen stattfinden. Für die Regierungspartei PiS ein wichtiges Datum, denn das Staatsoberhaupt kann mit seinem Vetorecht Gesetze blockieren.(dpa, afp)

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