piwik no script img

die erklärungWohin gehörtdie Schufa?

Ein schwedischer Investor will Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei kaufen. Darf der das überhaupt? Und was passiert dann mit unseren Daten?

Wo kommt das Geld her? Aus der Wand. Aber wehe, die Schufa hat einen auf dem Kieker Foto: Fo­to:­ Keystone/laif

Von Svenja Bergt

1 Was ist da los in Sachen Schufa?

Um die größte deutsche Auskunftei, die Schufa, findet gerade ein Übernahmetauziehen statt. Auf der einen Seite der schwedische Investor EQT, der bis zu 100 Prozent der Schufa-Anteile aufkaufen möchte. Auf der anderen Seite die genossenschaftliche Teambank. Sie möchte ihre bereits bestehende Beteiligung aufstocken und eine komplette Übernahme durch EQT verhindern. Beide Akteure haben ihre Pläne beim Bundeskartellamt angemeldet.

2 Wieso kann die Schufa einfach ge- oder verkauft werden?

Die Schufa ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Die Besitzverhältnisse sind also veränderbar. Grundsätzlich gilt aber bei der Schufa eine Spezialregelung: Will ein Anteilseigner verkaufen, dann haben die anderen Mitbesitzer ein Vorkaufsrecht. Anteilseigner sind unter anderem Banken, Sparkassen und Handelsunternehmen.

3 Was genau macht die Schufa?

Im Interesse ihrer Auftraggeber wie Banken oder Versandhändler sammelt die Schufa Daten über (potenzielle) Kun­d:in­nen und berechnet daraus deren mutmaßliches Risiko für Zahlungsausfälle. Informationen zu 68 Millionen Menschen, die in Deutschland wirtschaftlich aktiv sind, sind bei ihr gespeichert. Es gibt hierzulande noch weitere Auskunfteien, etwa Crif Bürgel oder Creditreform, die Schufa ist aber die bekannteste. Das liegt unter anderem daran, dass Ver­brau­che­r:in­nen häufig mit ihr in Kontakt kommen – zum Beispiel bei der Schufa-Auskunft, die für den neuen Mietvertrag gefordert wird. Auskunfteien gibt es auch in anderen Ländern, manche sind national, andere international tätig.

4 Was sagt das Bundeskartellamt?

Das Bundeskartellamt hat Anfang der Woche mitgeteilt, dass es keine Einwände gegen eine Übernahme der Schufa hat – und zwar in keiner der beiden konkurrierenden Varianten. „Wir prüfen in der Fusionskontrolle nur die wettbewerblichen Auswirkungen angemeldeter Zusammenschlüsse. Aus dieser Sicht waren beide Vorhaben freizugeben“, teilte Kartellamtspräsident Andreas Mundt dazu mit. Das heißt: Bei den beiden Übernahmeszenarien wäre nicht zu erwarten, dass sich der Markt auf problematische Art und Weise konzentriert. Das hätte anders aussehen können, wenn eine andere deutsche Auskunftei eine Übernahme anstreben würde.

5 Wieso hat EQT ein Interesse an einer Übernahme?

„Es geht im Kern darum, das ungenutzte Innovations- und Wachstumspotenzial der Schufa zu aktivieren und mit zusätzlichem Kapital und Know-how zu beschleunigen“, sagte EQT-Partner Matthias Wittkowski der Börsen-Zeitung im Januar. Es geht also darum, die Schufa so aufzustellen, dass sie in einigen Jahren mit Gewinn weiterverkauft werden kann.

6 Warum will die Teambank den Einstieg verhindern?

Gegenspielerin von EQT ist vor allem die Nürnberger Teambank. Berichten zufolge hält sie derzeit 17,94 Prozent an der Schufa, gegenüber der taz nannte das Institut keine Zahl. „Die Schufa ist Datenlieferant für die Teambank und die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe und daher für uns von hoher strategischer Bedeutung“, so Teambank-Sprecher Marco Kreyer. „Gemeinsam mit anderen Bestandsaktionären ist es im gegenseitigen Interesse, stabile Mehrheitsverhältnisse und langfristig das Grundprinzip der Neutralität der Schufa zu erhalten.“

7 Was könnte sich mit einer Übernahme für Ver­brau­che­r:in­nen ändern?

In einem Verbraucherschutz-Konzept skizziert EQT seine Pläne – die im Vergleich zum Status quo eine Verbesserung wären. So soll die Schufa unter anderem einen regelmäßigen Dialog mit Ver­brau­cher­ver­tre­te­r:in­nen und Datenschutzbehörden etablieren, deren Empfehlungen auch „tatsächlich Berücksichtigung finden“ sollen. Die Ombudsperson soll gestärkt werden, Ver­brau­che­r:in­nen sollen aktiv darauf hingewiesen werden, dass sie ihre Daten einsehen können, insgesamt soll für mehr Transparenz gesorgt werden. So heißt es etwa: „Alle Verbraucher erhalten Einblicke, welche Daten jeweils mit welcher Gewichtung in einzelne Scores eingehen.“

Doch nicht alle sind überzeugt. „Unsere größte Sorge ist, dass persönlichste Daten zum Spielball von Finanzinvestoren werden“, sagt Antonia Becher von Campact. „Man kann sich ja anschauen, wie Finanzinvestoren sonst arbeiten: Sie kaufen Unternehmen auf und wollen sie ein paar Jahre später mit Gewinn wieder verkaufen.“ Die Aktionsplattform will mit einer Kampagne Druck auf die Beteiligten ausüben. Die derzeitigen Anteilseigner sollen von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, so die Forderung. „Von diesen Anteilseignern erwarten wir mehr gesellschaftliche Verantwortung, und dass sie für Transparenz bei der Schufa sorgen“, sagt Becher. Die Schufa selbst will das laufende Verfahren öffentlich nicht kommentieren.

8 Wie steht die Schufa aktuell da in Sachen Verbraucherschutz?

Schufa-Chefin Tanja Birkholz, seit 2020 im Amt, kündigte im vergangenen Jahr mehr Transparenz an. Laut einem Schufa-Sprecher werden derzeit verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung geprüft, erste Tests liefen. Die wohl größte Frage für Ver­brau­che­r:in­nen ist, wie die Schufa auf die mutmaßliche Bonität der einzelnen Personen kommt. Zwar gibt die Schufa-Selbstauskunft, die einmal jährlich kostenlos angefordert werden kann und sollte, einige Hinweise darauf, welche Daten einbezogen werden. Doch die Gewichtung – unklar. Wie häufig darf man sein Girokonto wechseln, ohne dass sich das negativ niederschlägt? Wie häufig den Wohnsitz? Wie viele Handyverträge parallel sind okay?

Vor rund vier Jahren versuchte das Projekt OpenSchufa mithilfe von Freiwilligen, die ihre Schufa-Selbstauskünfte, gegebenenfalls ergänzt um weitere Angaben spendeten, Genaueres über den Algorithmus in Erfahrung zu bringen – doch für den erhofften großen Einblick reichte es nicht. Nachgefragt erklärt die Schufa die Umzugszahl: Ab zwei Umzügen in den sechs Jahren, zu denen jeweils die Wohnsitzdaten vorlägen, steige das Ausfallrisiko.

Campact-Mitarbeiterin Becher fordert: „Die Schufa muss ihren Algorithmus, den sie zur Bonitätsberechnung nutzt, öffentlich machen.“ Dieser Idee erteilt EQT in seinem Verbraucherschutz-Papier allerdings eine Absage. Auch Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) forderte die Schufa diese Woche zu mehr Transparenz auf – egal wer in Zukunft die Anteilseigener seien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen