die drei fragezeichen: „Das historische Urteil nicht verwässern“
Markus Ulrich, 36, ist Pressesprecher des LSVD-Bundesverbandes
1 taz am Wochenende: Herr Ulrich, Horst Seehofer will das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten dritten Option im Personenstandsrecht mit einem – in Ihren Augen unzureichenden – Minimalgesetz umsetzen. Was bedeutet das für Betroffene?
Markus Ulrich: Bei dem Gesetzentwurf geht es um die rechtliche Anerkennung von mehr als zwei Geschlechtern: Intergeschlechtliche Menschen sollen demnach nach medizinischer Diagnose unter der Bezeichnung „andere“ registriert werden. Das ist aber diskriminierend: Es schließt transgeschlechtliche Menschen aus, die sich nicht als Frau beziehungsweise Mann identifizieren. Das heißt, die eigene Identität wird nicht berücksichtigt. Auch die Bezeichnung „andere“ sehen LSVD und Bundesvereinigung Trans* sehr kritisch.
2 Was ist problematisch an der Bezeichnung „andere“?
„Andere“ suggeriert, dass es Männer und Frauen und einen „Rest“ gibt. Es findet eine hierarchische Einordnung statt, die wir ablehnen. Die Begriffe „weiteres“ oder „divers“, die auch vom Justiz- und Familienministerium empfohlen werden, beinhalten diese Wertung nicht.
3 Wie würde eine angemessene Umsetzung des Gesetzes aussehen?
Die geforderte medizinische Diagnose der Intergeschlechtlichkeit greift zu kurz. Der dritte Geschlechtsantrag muss allen, die das wollen, auf Antrag offen stehen. Mit einer einfachen Antragslösung wie etwa in Dänemark und Schweden besteht die Problematik der Fremdbestimmung durch Gutachten und Gerichte nicht. Das Urteil des BVerfG ist historisch und sollte nicht durch den jetzigen Gesetzesentwurf verwässert werden.
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