die anderen :
Im Focus kommentiert Harald Schmidt die Folgen der Fusion von Deutscher und Dresdner Bank: Goldene Kreditkarten wirken immer ein bisschen uncool. Immer ein bisschen so, als hätte ihr Besitzer viel Mühe drauf verwendet, ein Jahreseinkommen von hundertdreißigtausend Mark nachzuweisen. Und was bitte macht wohl die Dresdner Bank mit einem, der Hundertdreißigtausend pro Jahr verdient? Ab zur Sparkasse, aber dalli! Der goldene Kreditkarteninhaber ist also der B-Mensch schlechthin: Nicht reich genug für Platin, und zudem noch fliegt er hochkant bei der Dresdner raus. Scheißleben. Und nun zu mir, dem AAA-Menschen (Selbsteinschätzung). Was geschah mit mir schon vor vielen Monaten? Abgeschoben zur Bank 24. Dabei habe ich wirklich im Laufe der Zeit 200.000 DM angespart. Ehrlich. Wenn die Bank mal in ihren ZENTRALCOMPUTER (tut uns Leid, der ist grade abgestürzt) schauen würde, dann könnte sie sehen: Herr Schmidt, Harald, hat zwohunderttausend Mark, und wir können froh sein, wenn ihn die Dresdner nicht mit der Sänfte rüberholt.
Im Spiegel schreibt Sigmar Gabriel zur Krise der Parteiendemokratie: Die wachsende Distanz zwischen großen Teilen der Bevölkerung und den Realitäten unserer Institutionendemokratie und der globalisierten Wirtschaft lässt sich geradezu mit Händen greifen. Doch diese scheinbare Abkehr ist weder ein Indiz für abnehmende Zustimmung zu unserer demokratisch verfassten Gesellschaft noch für „Politikverdrossenheit“. Die Bürgerinnen und Bürger nehmen weder Abschied von den Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie und den dafür notwendigen Parteien noch wollen sie ihre Arbeits- und Lebensbedingungen anonymen Marktkräften überlassen. Gewiss: Der Zustand der Republik ist ernster, als es an der Oberfläche scheint. Die Vermutung der Menschen, dass Regierenden alles zuzutrauen ist, scheint bestätigt: dass Politiker alles wissen – nur nicht weiter. Doch machen wir uns nichts vor: Das Vertrauen der Menschen in die Wirtschaft ist nicht viel größer. Der viel zitierte Mann auf der Straße registriert genau, wenn der Wert eines Unternehmens bei Ankündigung betriebsbedingter Entlassungen an der Börse steigt, während Vorstände sich ihr Ausscheiden vergolden lassen. Immer weniger Menschen in Deutschland haben den Eindruck, im bisherigen Verständnis der politisch oder wirtschaftlich Handelnden noch vorzukommen – nicht einmal mehr als Objekte, geschweige denn als Subjekte. Die Skandale erscheinen als Symptom für die Entfremdung der Mächtigen und verwundern kaum noch, sie werden eher als normal empfunden. Deshalb wird der Vertrauensverlust nicht nur einer Partei zugeordnet, sondern „den Politikern“.
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