dezente interieurs: Hans Bogatzky
Die Zeit des fast 40-jährigen Berufslebens des Innenarchitekten Hans Bogatzky war nahezu identisch mit dem Dasein der DDR. Bei nicht wenige Repräsentationsbauten dieses Staates zeichnete Bogatzky gemeinsam mit seinem Studienkollegen Bruno Hess für die Ausstattung verantwortlich, u. a. für das Staatsratsgebäude und für die Räume des Zentralkomitees der SED in der ehemaligen Reichsbank.
Jenseits der „Bonzenarchitektur“ – wie er zuweilen scherzt – entwarf Bogatzky einige den Berlinern geläufige Innenräume. Im Kino Colosseum, im Hotel Stadt Berlin, in der Humboldt-Universität hat er seine gestalterischen Spuren hinterlassen. Auch die Einrichtung des ersten Selbstbedienungskonsums in Pankow geht auf ihn zurück.
Die Interieurs erscheinen wie ein Spiegelbild seines zurückhaltenden Auftretens. Der verhaltene Witz und das Interesse an den Geschehnissen der Gegenwart schlugen sich dezent in den wohl durchdachten Ausstattungen nieder. Die variantenreichen Innenräume für das Feierabendheim in Guben setzen in ihrer gelungenen Kombination von klarem gestalterischem Konzept und humanistischem Anspruch Maßstäbe.
Bogatzkys Entwürfe für staatliche Gebäude standen unter dem Einfluss der Politiker. Insofern lassen sich seine Arbeiten wie zu Raum gewordene Vorstellungen des jeweiligen Geschmacks der DDR-Kultur lesen. So musste er in den Anfangsjahren gemäß dem Diktum des damaligen Präsidenten der Bauakademie, Kurt Liebknechts, ganz im Sinn der so genannten nationalen Tradition gediegene Ausstattungen entwerfen.
Seit 1990 im Ruhestand, widmet sich der nunmehr 75-jährige Bogatzky lieber der Aquarellmalerei als der Architektur. Vielleicht wirken die Jahre an der Bauakademie nach, die wegen der niedergehenden Wirtschaftslage der DDR wenig erfüllend waren. Positiv ist immerhin, dass dadurch viele der von ihm ausgestatteten Räume erhalten blieben und inzwischen unter Denkmalschutz stehen.
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