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der leitartikelDie CDU – Partei für Infantilisierung, Populismus und Verantwortungslosigkeit

Von Christian Jakob

Die „inoffizielle deutsche Staatspartei“ nannte der Mainzer Historiker Andreas Rödder einmal die CDU. Rödder, ein eifriger Kämpfer gegen Gendern und Wokeness, leitet die Grundwertekommission der Partei. Man darf den Titel deshalb getrost auch als Ausdruck ihres Selbstverständnisses verstehen. Darin steckt die seit der Nachkriegszeit gewachsene Idee, natürlicher Garant für Stabilität, die Funktionsfähigkeit des Staates, wohl auch für Wachstum und Wohlstand zu sein. Es steckt etwas von Verantwortungsethik darin: Einsicht in das für das Gemeinwohl Notwendige, die Bereitschaft, dieses durchzusetzen – auch, wenn es unpopulär sein sollte.

Doch weite Teile der CDU haben heute nichts von alldem. Populismus und Verantwortungslosigkeit – das ist ihre Reaktion auf die Klimakrise. Sie bedient, nicht nur bei der Klimadebatte, hetzerischen AfD-Sound und beteiligt sich so als Partei aktiv an der Zerstörung der Lebensgrundlagen. Die Ostküste Nordamerikas ist dieser Tage von Rauch überzogen. Letzten Monat war es der Westen. Dürren, Hitze, Brände – das ist die globale Realität, die heute eine politische Antwort verlangt.

Christian Jakob ist Redakteur im Ressort Reportage & Recherche der taz.

Die CDU aber hat keine. Sie weidet stattdessen das Unbehagen aus, das die nötigen Veränderungen bei vielen auslösen. Den Grünen, die nur das überfällige, absolute Minimum zur Einhaltung der Klimaziele durchsetzen wollen, warf Fraktionsvize Jens Spahn diese Woche vor, Klimaschutz mit der „Brechstange“ zur „Frage des Glaubens, der Ideologie“ gemacht zu haben – der nun die Bürger überfordere. Vom „grünen Gängelband“ sprach der Abgeordnete Philipp Amthor in einem denkwürdig unverfrorenen Auftritt bei „Anne Will“ in der ARD. Und Parteichef Friedrich Merz meinte kürzlich sogar, den Klimaschutz „nicht verabsolutieren zu müssen“.

Statt Akzeptanz für das Notwendige zu schaffen, setzt die CDU voll auf die Infantilisierung der Bürger: Ihr müsst nichts tun, nichts ändern, wir beschützen euch vor den bösen Grünen und regeln das anders – mit „Marktmechanismen“ oder Technologien, die es noch gar nicht gibt. Es ist das Gegenteil einer verantwortungsbewussten konservativen Haltung. Die absurde Rede von der „Heiz-Stasi“ war da nur eine von vielen Verdrehungen, Verzerrungen, Übertreibungen und Lügen. In ihrem Kampagnensound waren Bild, Union und AfD zuletzt kaum noch zu unterscheiden. Opposition war schon immer so? Nein. Der Populismus hat die Kultur verändert. Das schlägt nun durch. Und das ist dabei erst der Anfang. Denn die Zumutungen werden angesicht der Klima­krise größer.

In ihrem Kampagnen­sound sind „Bild“, Union und AfD kaum noch zu unterscheiden. Opposition war schon immer so? Nein

Populismus ist heute die dominierende Reaktion der Opposi­tionspartei CDU auf die Klima­krise. Als sie noch selbst regierte, bestimmte die konservative Anti-Klimaschutz-Politik etwas anderes: Der Blick auf Klimaschutz als Wirtschaftsbremse. Alles Ökologische wurde als wachstumsfeindlich begriffen, das im Sinne der Wirtschaft zu begrenzen ist.

Das ist genauso von gestern wie der Kampf „gegen Einwanderung in die Sozialsysteme“. Wer Migration heute nicht zulassen will, wird immer mehr verlieren: grundlegende Dienstleistungen, Wohlstand, Arbeitsplätze. Und wer das Klima nicht schützen will, zerstört die ökologischen und ökonomischen Grundlagen der Gesellschaft. Aus ihren hergebrachten Denkspuren finden die Konservativen nicht heraus. Doch wer festhält an einem Alten, das es nicht mehr gibt, wird untergehen. Wer auf Neues hofft, das es noch gar nicht gibt, auch. Die CDU begeht beide Fehler – und die nächsten Generationen werden es ausbaden müssen.

Illustration: Robert Samuel Hanson

16 Jahre hat die Union regiert und international Klimaschutz vorangebracht. Innenpolitisch allerdings hat sie das Klima vor allem ihrem Wirtschaftsflügel überlassen. Und der stand mit beiden Füßen voll auf der Bremse und hat Klimaschutz nach Kräften untergraben. Wir nennen das, was die Union damit betreibt, Sabotage am Klimaschutz. Dem widmen dem den Schwerpunkt dieser Ausgabe. Der Text ist Teil unserer „Klima-Sabotage!“-Serie. Darin zeichnen wir nach, wie die mächtigste Partei des Landes seit vielen Jahren Entscheidungen verhindert, die nötig wären, um der ökologischen Zerstörung entgegenzutreten.

Klima-Sabotage! ist der Schwerpunkt unserer Klimaberichterstattung in diesem Jahr. In dieser Serie benennen wir, welchen Akteuren diese Verantwortungslosigkeit zugerechnet werden muss; wir zeigen ihre Interessen und Netzwerke. Zuletzt hat unserer Korrespondent Tobias Müller über die „Petroleum Papers“ berichtet, wir haben uns der „Fossilen SPD“ gewidmet, den Einflussnahmen europäischer Banken, der Agrarlobby und anderer Klima-Saboteure. Unser Schwerpunkt läuft bis zum #COP28-Klimagipfel im Dezember in Dubai.

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