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der homosexuelle mann ...    von ELMAR KRAUSHAAR

... durfte gespannt sein: Wie würden die Medien die seit Jahren wabernden Gerüchte um die vermeintliche Homosexualität von Jörg Haider aufgreifen? Das konnte nicht unbeachtet bleiben bei dem Hype der vergangenen Monate. Aber wer würde sich die Finger schmutzig machen, so unappetitlich werden und Dinge aussprechen, die bei Homosexuellen als „privat“ abgekanzelt unter den Teppich gehören?

Elfriede Jelinek will sich der Waffe bedienen, aber sauber bleiben dabei und bemüht die linksintellektuelle Variante: „Haider ist der Führer eines homoerotischen Männerbunds und arbeitet bewusst mit homophilen Codes, natürlich ohne sich wirklich als homosexuell zu bekennen.“ Die Sau, die patscherte! Zeigt sich braun gebrannt und ganz ohne Bauchansatz, umgeben von jungen Männern, denen er eigentlich ans Zipferl will, ohne es aber öffentlich anzusagen. Schon einmal hat die Jelinek versucht, mit dieser kurzsichtigen Analyse den politischen Gegner kaltzustellen. So zeichnet sie im Dezember 1991 in der Libération einen verkappten Haider-Homo, „... umgeben von seinen Mannen, die einer verdrängten homoerotischen Gemeinschaft angehören, aber wie normale, junge Männer mit gesundem Gesichtsausdruck wirken“.

Dass es verquaster geht, man aber in die gleiche Kerbe hauen kann, beweist Ulf Poschardt in der Süddeutschen Zeitung: „Es ist der altbekannte homoerotische Unterton rechter Führer, der sich in einer Art Männerbündelei äußert“, befindet er mit den gleichen Zauberwörtern und gibt dem Bösen eine attraktive Gestalt, mit einer „ (...) Verführungskraft, die der muskulöse, in engen Oberteilen gerne stolz präsentierte Körper Haiders mehr auf Männer denn auf Frauen ausübt.“

Dass diese These von der verdrängten Homosexualität, die zum Faschismus führt, nicht neu ist und seit Jahrzehnten sehr beliebt in den Salons der homophoben Linken, beschreibt Thorsten Stecher in der Zürcher Weltwoche. Das geht nicht ab ohne verklemmte Begleitmusik: „Heil Hitler – Huch Haider“, so der Titel und dazu ein Haider fast nackt. Wie sonst sollte man einen abbilden, von dem man suggerieren möchte, er sei nicht heterosexuell.

Das gleiche Bild auch in dieser Zeitung, dazu aber die ganze Gerüchteküche ohne intellektuelle Schnörkel, dafür mit den üblichen Links zum Gaddafi-Sohn, dem Privatsekretär und der Stricherszene. „Oral history“ heißt so was bei Homos, ganz ohne Witz. Natürlich wissen die Kollegen bei den großen Magazinen auch von dieser Kärntner Melange: „Wir haben die Geschichte noch nicht rund“, lautet die Entschuldigung dafür, dass sie die Tinte noch halten. Sie warten – so ist es üblich in dieser Liga bei diesen Geschichten – auf Haiders Tod. Wie bei Rex Guildo. Oder Burt Lancaster, der vor ein paar Tagen dran war, sechs Jahre nach seiner Beerdigung.

Nur die österreichischen Schwulen haben sich entschieden: Egal, ob der Herr so ist oder so, sie wollen ihn gar nicht haben: „Wir distanzieren uns auf jeden Fall von Haider und verstoßen ihn aus der schwulen Gemeinschaft. Wer unsolidarisch ist mit Schwulen und Lesben und wer gegen andere Minderheiten auf übelste Art und Weise hetzt, hat jegliche Solidarität verwirkt“, droht die Wiener Schwulengruppe HOSI.

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