daumenkino: Vereinigte Informationsvolksrepubliken von Amerika
„Startup“
Bill Gates versus „open source“. Was würde die Welt tun, ohne diese Saga von der großen Konspiration? Vor allem aber, was würde Hollywood tun? Niemals könnten in Los Angeles Filme über das Digital Business entstehen, die das stets schon recht mäßige Niveau der üblichen Verschwörungsgeschichte noch einmal gewaltig absenkten.
Da muss dann der Software-Mogul Gary Winston alias „Bill who?“ (Tim Robbins) und seine Firma Synapse ein globales Kommunikationssystem entwickeln, das – hust, hust – „jedes Kommunikationsinstrument auf unserem Planeten verlinkt“. Doch wenn jemand vollkommen unschuldig ist an der weltweiten Vernetzung der Computer, dann „Bill who?“. Deswegen finden wir uns allerdings auch in der unumgänglichen Garage wieder, bei den Geeks und Nerds. Sie sind aber keine Hacker, sondern wie Milo Hoffman (Ryan Phillippe) und sein asiatischer Freund Teddy Chin (Yee Jee Tso) nur hoffnungsvolle Aspiranten auf das nächste herbeigelaufene Venture Capital.
Die Folie „Bill who?“ Gates und das verschrobene Weltbild, das sich mit seiner Person verbindet, liefern dann eine reichlich bizarre Story, in der dem Microsoft-Chef ohne Weiteres unterstellt wird, für das Laufen seiner Software auch vor dem Mittel des Mords nicht zurückzuschrecken. Kapitalismuskritik ist im amerikanischen Kino eben nur als David-gegen-Goliath-Thriller zu haben, mit einem narrativ wie visuell viel zu direkt und unkompliziert angesteuerten Happyend.
Es geht also um Verrat an Ideen und Freunden. Dass sich der böse Hausmeister als ein guter entpuppt, ist ein Dreh, den man in diesem Film geradezu einen Einfall nennen möchte. Kein Einfall, sondern zwangsläufig ist es dagegen, dass Milo schließlich über die Bösen von Synapse Inc., triumphiert. Szenisch nicht ganz ungeschickt, entwickelt sich sein Sieg aus einer Party heraus, die Gary Winston in seinem Glasbunker über dem Pazifik steigen lässt, einer Wohnmaschine, in der die Flüssigkristallbildschirme, von denen man schon aus der Villa von „Bill who?“ hat raunen hören, alle paar Minuten neue grausige Meisterwerke an die Wände zaubern.
Tatsächlich ist Tim Robbins der einzige Lichtblick in den 108 Minuten, die das Desaster dauert. Doch selbst seine mit Witz gespielte Figur des Computernerds als Fortysomething lohnt den Besuch der kleinen ideologischen Drecksgeschichte nicht. Am Ende, wenn der Quellcode des Synapse Global Communications Systems im Internet steht, darf Milo noch sagen: „Human knowlegde belongs to the people.“ Der Weg ist frei zu den Vereinigten Informationsvolksrepubliken von Amerika. Wbg
„Startup“. Regie: Peter Howitt. Mit Tim Robbins, Ryan Phillippe, Claire Forlani, u. a., USA 2001, 108 Min.
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