piwik no script img

das wird„Es gibt eine kleine Anzahl von penetranten Akteuren“

Das Schlagwort „Väterrechte“ nutzen aktivistische Männer, um in der Politik für frauenfeindliche Positionen zu werben

Interview Alina Götz

taz: Frau Keller, wen meinen Sie, wenn Sie von der Väterrechtsbewegung sprechen?

Gabriela Keller: Wir reden nicht über die Akteure, die sich aufrichtig und unideologisch mit dem Interesse von Vätern an einer Beziehung mit den Kindern auseinandersetzen. Sondern über solche, die frauenfeindlich argumentieren, bei denen der Kampf um die Rechte als Vater hoch skaliert wird zu einer anti­feministischen Sache. Das führt dazu, dass sie Selbstbestimmungsrechte von Frauen aushebeln wollen. Das fällt vor allem von Gewalt betroffenen Frauen auf die Füße.

Wie sind diese Leute organisiert?

Es gibt eine flirrende Anzahl von Verbänden und Vereinen, die meist regional arbeiten, manchmal bundesweit. Sie argumentieren in der Regel über das Kind – eine Methode, um von außen eben nicht offen reaktionär zu wirken, sondern zu sagen: Hey, uns geht es um das Wohl des Kindes. Dagegen kann man nicht wirklich was haben.

Haben Sie aber trotzdem.

Gabriela Keller

49, ist Autorin und Reporterin beim Recherche-Netzwerk „Correctiv“.

Wenn man auf Äußerungen der Akteure in Bezug auf Gewalt und Trennungssituationen schaut, geht es sehr stark um die Kontrolle von Frauen und die Relativierung von häuslicher Gewalt. Einige sprechen zum Beispiel von einem wechselseitigen Konflikt und erkennen nicht an, dass Gewalt gegen Frauen auch mit Macht zu tun hat. Statistisch wird aber an jedem dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet – grundsätzlich von wechselseitigen Konflikten auszugehen, ist also schon sehr verharmlosend.

Welches Bild von Familie haben diese Gruppen?

Ein sehr klassisches: Vater, Mutter, Kind. Das passt überhaupt nicht zum modernen Bild von Familie, das auch diverse Strukturen einschließt. Gleichheit der Geschlechter bedeutet für die, dass Väter unauflöslich das Recht haben, im Leben des Kindes zu bleiben. Wenn es um Trennungen geht, die mit Gewalt zu tun haben, ist das Narrativ natürlich schwierig, dass man keinerlei Möglichkeiten hat, sich von diesem Menschen zu distanzieren. Bei der Gleichheit geht es auch nicht etwa um eine gerechte Aufteilung von Care-Arbeit vor einer Trennung.

Den Gruppen gelingt es Ihren Recherchen nach, politischen Einfluss zu nehmen. Wie?

Diskussion „Gefährliche Lobby – Väterrechte um jeden Preis?“: 19. 6., 18.30 Uhr, Zentralstelle der Frauenbeauftragten, Faulenstraße 14–18, Bremen, Infos auf frauen.bremen.de

Wir haben beim Bundesfamilienministerium eine Anfrage auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt und Dokumente erhalten, die eindeutig zeigen: Es gibt eine bestimmte Anzahl von Akteuren, die Einfluss auf Bundesebene nehmen. Auch Überschneidungen mit Parteien kommen vor, in den letzten Jahren war das vor allem die FDP. Bestimmte Politiker auf kommunaler Ebene sind in diesen Väterrechtsverbänden aktiv und versuchen, das in die Partei reinzuspülen. Die Gruppe „Liberale Männer“, die aus der FDP hervorgegangen ist, ist offen antifeministisch und ist auch vernetzt mit Väterrechtler-Vereinen. Das ist schon ein Ding, in Zeiten der Großen Koalition hatten diese Gruppierungen weniger direkte Zugänge. Aber das Phänomen ist ein Scheinriese: Es gibt eine kleine Anzahl von penetranten Akteuren.

… und nicht alle, die sich für Väterrechte einsetzen, gehören dazu.

Natürlich gibt es Väter, die es in Trennungssituationen tatsächlich schwer haben. An einigen Familiengerichten wird noch davon ausgegangen, dass Kinder bei der Mutter besser aufgehoben sind. Es ist notwendig, dass sich Menschen dafür einsetzen, dass dieser Missstand ausgeräumt wird. Es gibt Väter, die ein aufrichtiges, liebevolles Bedürfnis haben, Kontakt zu ihren Kindern zu halten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen